DFKI News 49 d

DFKI und Inria auf der Vivatechnology Zusammen mit sechs weiteren akademischen Partnern und den Ländern Berlin, Nordrhein-Westfalen und Saarland präsentieren DFKI und Inria im Deutsch-Französischen Lab, Stand C33, auf der Tech- und Start-up Messe Vivatechnology, 15. - 18.Juni 2022, Forschungsthemen, Partnerprojekte und Start-ups. Inria und DFKI arbeiten im Rahmen einer gemeinsamen strategischen Forschungs- und Innovationsagenda in den Bereichen KI für Industrie 4.0, KI-Infrastrukturen, KI und Cybersicherheit, Mensch-Roboter-Kooperation und Gesundheit zusammen. Als treibende Kraft der deutsch-französischen Zusammenarbeit im Bereich der Künstlichen Intelligenz vernetzen Inria und das DFKI deutsche und französische KI-Forschende enger miteinander und bringen die Forschung für eine KI voran, die dem Menschen nutzt und die europäischen Grundwerte berücksichtigt. Besuchen Sie uns auf der Vivatechnology! www.vivatechnology.com y g o l o n h c e t a v i V © N O R T H R H I N E - W E S T P H A L I A

03 L A I R O T I D E 2 2 0 2 / 1 s w e N I K F D INDUSTRIELLE KI, TRUSTED AI UND Über zwei Jahre Corona-Pandemie, die Blockade des Suez-Kanals durch das Containerschiff Ever Given, der Krieg in der Ukraine und die folgende Energiepreiskrise haben gezeigt, wie anfällig Liefer- ketten sind. In der globalisierten Industrie bringen Lieferausfälle einzelne Branchen und ganze Produk- tionszweige ins Stocken, gefährden die Auftragsbearbeitung und führen zu drastischen Umsatzeinbußen. Industrielle KI (S. 6) ist der Schlüssel zur Flexibilisierung der Fertigungsprozesse und ermöglicht die dyna- mische Anpassung an veränderte Produktionsbedingungen. Mit industrieller KI hat der produzierende Sektor die besten Voraussetzungen, seine Wettbewerbsfähigkeit zu stärken und seine Qualitätsfüh- rerschaft zu behaupten. Entscheidend sind drei Kernkonzepte von Industrie 4.0 – der digitale Zwilling, die dezentrale Steuerung und das aktive Produktgedächtnis, für die KI-Technologien die Basis sind. KI eröffnet neue Mehrwerte, z.B. in der Lebensmittelindustrie, wo beiläuﬁg erfasste Rohstoffdaten durch dezentrale KI-Services die semi-automatisierte Erzeugung höherwertiger Datenprodukte ermöglichen (S. 10). Im Bereich der agrarischen Lebensmittelerzeugung entwickelt das DFKI-Spin-off Nature Robots Software-Bausteine für Roboter, damit diese eigenständig zwischen Nutzpﬂanzen und Unkräutern navigieren können (S. 22). Maschinelles Lernen mit künstlichen neuronalen Netzen hat KI von einer Nischenwissenschaft zu einer gesamtgesellschaftlichen “Megatechnologie” gemacht. Problematisch sind Nachvollziehbar- keit und Verlässlichkeit der Resultate sowie die fehlende Selbsterklärungsfähigkeit der Systeme. Not- wendig sind KI-Systeme, denen man vertrauen kann. Trusted AI (S. 14) meint eine neue Generation von KI-Systemen, die Garantien über ihre Funktionalität bereitstellen und so eine Verwendung insbe- sondere auch in kritischen Anwendungen ermöglichen und die Chance für die Entwicklung und den Einsatz von langzeitautonomen Systemen eröffnen (S. 20). KI hilft, um die Pﬂegenden auf der Intensivstation zu unterstützen (S.28). Die Leistung besteht in der holistischen Echtzeitanalyse und -klassiﬁkation der Vitaldaten von Patienten und Patientinnen, die fort- laufend erhoben werden. KI-gestützte Systeme können kritische Konstellationen frühzeitig erkennen, Warnungen generieren und dienen so der aktiven Verbesserung der Patientensicherheit. Das Netzwerk aus europäischen KI-Exzellenzzentren, das sich zur Keimzelle für weitere Aktivitäten in KI-Spitzenforschung und Innovation in Europa entwickeln soll, wird in den Projekten VISION, TAILOR und HumanE-AI-Net vom DFKI maßgeblich mitgestaltet (S. 16). Auch die Zusammenarbeit des DFKI mit Inria wird fortlaufend intensiviert: Mit R4Agri und ENGAGE sind Anfang des Jahres zwei neue Projekte der deutsch-französischen KI-Kooperation gestartet (S. 33). Prof. Dr. Antonio Krüger Helmut Ditzer Prof. Dr. Prof. h.c. Andreas Dengel Prof. Dr. Dr. h.c. Frank Kirchner Prof. Dr. Philipp Slusallek

e v a w r e v e © 05 T L A H N I 2 2 0 2 / 1 s w e N I K F D 2828 30 Ministerpräsidentin Malu Dreyer besucht die DFKI-Außenstelle Trier 30 Simulationsbasiertes Pandemie-Management für Kommunen – Projekt AScore erfolgreich abgeschlossen Impressum 49. Ausgabe, Mai 2022, ISSN 2196-2251 Herausgeber Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz GmbH (DFKI) Redaktion Heike Leonhard, Christof Burgard, Reinhard Karger, Armindo Ribeiro, Stephan Lehberger Redaktionsanschrift Saarland Informatics Campus D3 2, Stuhlsatzenhausweg 3, D-66123 Saarbrücken E-Mail news@dfki.de Telefon +49 681 85775 5390 Fotonachweis DFKI, wenn nicht anders vermerkt. Layout, Graﬁk Christof Burgard Produktion One Vision Design V.i.S.d.P. Heike Leonhard, M.A. Erscheinungsweise halbjährlich News online www.dfki.de/dfki-news 32 3232 4 33434 t l a h n I

06 D F K I N e w s 1 / 2 0 2 2 INDUSTRIELLE INDUSTRIELLE k i p e e r f / r o t c e v h c p © Hohe Tagespreise für Energie, unzuverlässige Lieferketten, Personalausfall durch Krankheit, Defekte an den Fertigungsmaschinen – es gibt viele Gründe, warum ein detailliert geplanter Produktionslauf ins Stocken kommen kann. In der globalisierten und vernetzten Industrie stellen Störungen in der Produktion oder Unterbrechungen der Lieferketten ein Geschäftsrisiko dar und können zu massiven ﬁnanziellen Verlusten führen. Gewünscht ist eine Steigerung der Resilienz und eine möglichst unaufwändige Identiﬁzierung von alternativen Lieferanten. Forschungsansätze, die aus dem Geist der Industrie 4.0 geboren wurden und ursprünglich auf eine dynamische- re und ﬂexiblere Fertigung zielten, lassen sich im Umgang mit Planungsunsicherheiten nutzen. KI-basierte Optimie- rungssysteme passen die Planung der Produktionsabläu- fe in Echtzeit an, je nach Marktbedarfen, Verfügbarkeit an Ressourcen und sich durch rechtliche und politische Ent- wicklungen wandelnde Produktionsbedingungen. Wirtschaftlich und wissenschaftlich sind diese Problemstel- lungen höchst relevant, denn die Anwendung klassischer Produktionsplanungsalgorithmen ist aufgrund der hohen Dynamik, der Echtzeit-Anforderungen und der Korrelati- on verschiedener Optimierungsaspekte bzw. verschiede- Erste Speicherprogrammierbare Steuerung (SPS), Modicon 084 1969 auf Basis von Cyber- Physical Systems 4. Industrielle Revolution 3. Industrielle Revolution durch Einsatz von Elektronik und IT zur weiteren Automatisierung der Produktion 1 1 0 2 , I K F D © Erstes Fließband, Schlachthöfe von Cincinnati 1870 2. Industrielle Revolution durch Einführung arbeitsteiliger Massenproduktion mit Hilfe von elektrischer Energie Erster mechanischer Webstuhl 1784 1. Industrielle Revolution durch Einführung mechanischer Produktionsanlagen mit Hilfe von Wasser- und Dampfkraft ner Optimierungsparameter kaum realisierbar. Industriel- le KI ermöglicht die benötigten Lösungsprozesse, macht die Unternehmen weniger krisenanfällig und ist der Kern von Industrie 4.0. Der Begriff „Industrie 4.0“ wurde in einem Namensartikel geprägt, der am 1. April 2011 kurz vor der Hannover Messe in den VDI-Nachrichten erschien und immer noch sehr lesenswert ist. Die drei Autoren waren Prof. Henning Ka- germann, zu dem Zeitpunkt Präsident von acatech, Prof. Wolf-Dieter Lukas, Abteilungsleiter, danach Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und Prof. Wolfgang Wahlster, zu dem Zeitpunkt CEO des DFKI: „Industrie 4.0: Mit dem Internet der Dinge auf dem Weg zur 4. industriellen Revolution“. Natürlich handelte es sich dabei nicht um eine private Initiative. Im Rahmen der Forschungsunion Wirtschaft Wissenschaft hatte die Bun- desregierung diese Arbeitsgruppe eingesetzt, um wissen- schaftliche und wirtschaftliche Potenziale zu identiﬁzieren, die zusammengenommen und sich ergänzend Chancen für Sprunginnovationen mit erheblicher volkswirtschaft- licher Bedeutung eröffnen. t ä t i x e l p m o K r e d d a r G Nach „Web 2.0“ war „Industrie 4.0“ der zweite „Versions- begriff“ der vergangenen 20 Jahre, der nach kurzer Zeit auf Gesellschaft, Bildung, Arbeit oder Mobilität übertra- gen und im weiteren Verlauf zu Leben 4.0 generalisiert wurde. Industrie 4.0 ist aber nicht nur in der öffentlichen Ende 18. Jhdt Beginn 20. Jhdt Beginn 70er Jahre 20. Jhdt heute Zeit Die vier Stufen der Industriellen Revolution.

07 2 2 0 2 / 1 s w e N I K F D Wahrnehmung, sondern sehr rasch auch im deutschen Maschinen- und Anlagenbau angekommen. Laut einer Studie der Impuls-Stiftung erklärten bereits im Oktober 2015 76,2 Prozent der Maschinen- und Anlagenbauunter- nehmen, dass „es zum Selbstverständnis von Technolo- gieführern gehört, sich mit diesem Thema zu befassen“. Entscheidend sind drei Kernkonzepte von Industrie 4.0 – der digitale Zwilling, die dezentrale Steuerung und das aktive Produktgedächtnis. haben vor dem aktuellen Hintergrund des „Gesetzes über die unternehmerischen Sorgfaltspﬂichten in Lieferket- ten”, das im Juni 2021 vom Bundestag beschlossen wur- de, eine ganz neue und zusätzliche Bedeutung erhalten und können einen wichtigen Baustein liefern für die vom Gesetzgeber geforderte Nachweispﬂicht. Das Lieferket- tengesetz, das zum 1. Januar 2023 in Kraft tritt, wird im ersten Schritt auf Unternehmen mit mehr als 3.000 Mit- arbeitenden angewendet, soll aber ab 2024 auch auf Un- ternehmen mit 1.000 Mitarbeitenden ausgedehnt wird. Dadurch, so schrieben die Autoren bereits 2011, „ist es beispielsweise möglich, nicht nur den ökonomischen, sondern auch den besonderen ökologischen Anforde- rungen einer „grünen Produktion“ für eine CO2-neut- rale, energieeffiziente Stadt besser gerecht zu werden.“ Mit dem Produktgedächtnis ﬁng es an Das Thema Produktgedächtnis hatte das DFKI bereits ab 2008 in dem Projekt SemProM adressiert. Im Rahmen des IKT-2020 Forschungsprogramms des Bundesministeri- ums für Bildung und Forschung (BMBF) wurde die nächste Generation von mobilen, eingebetteten und funkbasier- ten Elementen für die semantische Internetkommunika- tion zwischen Alltagsobjekten untersucht. Es ging dar- um, dass ein Rohling auf alle vorliegenden Betriebs- und Maschinendaten zugreifen kann und so den gesamten Herstellungsprozess dokumentiert. Produktgedächtnisse Im Kontext von industrieller KI wird das Produktgedächt- nis aktiv gedacht und stellt die Produktion vom Kopf auf die Füße. Das führt zu einer Umkehrung der Steuerungs- logik. Traditionell herrschen der Takt, der Arbeitsplan und die zentrale Steuerung. Industrielle KI ermöglicht die sich selbst adaptierende Prozesssteuerung an Stelle punktueller Korrekturen des Maschinenarbeitsplanes. In der eng vernetzten Produktion dirigiert der Rohling die Herstellung des Produkts, das er im Ergebnis werden soll. So wird nicht nur die dezentrale Produktionssteuerung individueller Produkte und Kleinstserien ermöglicht, sondern auch der Ressourcenverbrauch, also die ver- wendeten Materialien und die eingesetzte Energie, wird für jedes einzelne Werkstück dokumentiert. Notwendig dafür sind die nahtlose Vernetzung und der engmaschi- ge Informationsaustausch von ERP, Enterprise Resource Planung, und MES, Manufacturing Execution Systems, In multimodalen Teach-ins lernen Roboter Bewegungsmuster, die sie anschließend selbstständig ausführen können.

08 D F K I N e w s 1 / 2 0 2 2 rungsaspekte ist diese Herausforderung für klassische Produktionsplanungssysteme nur schwer realisierbar. Ein vom DFKI entwickeltes KI-basiertes Optimierungs- system zur dynamischen Abtaktung passt die Planung der Arbeitsabläufe der Werkerinnen und Werker in Echt- zeit an unterschiedliche z.B. länderspeziﬁsche Varianten oder Ausstattungstypen an und ermöglicht so eine ﬂe- xible Fertigung auch für kleinste Stückzahlen. Während die variantenreiche Fertigung – Stichwort Losgröße 1 – lediglich einen Marktvorteil bietet, ist der Umgang mit den aktuellen Herausforderungen eine Notwendigkeit für eine rentable Herstellung. In einer glo- balisierten und vernetzten Industrie stellen Störungen in der Produktion oder Unterbrechungen in der Liefer- kette ein Geschäftsrisiko dar und können zu massiven ﬁnanziellen Verlusten führen. Vom Optimierungsgedanken zum Resilienz-Management – Smarte Resilienz-Services in der produ- zierenden Industrie Verstärkt durch den erheblichen Komplexitätszuwachs wird Resilienz-Management zu einem unabdingbaren Er- folgsfaktor für die industrielle Produktion. Unternehmen müssen die Fähigkeit erwerben, interne Störungen, z.B. Werkzeugverschleiß oder Qualitätsschwankungen von Rohmaterialien, vorherzusehen und sich an externe Ver- änderungen wie Lieferengpässen proaktiv anzupassen. Ziel des vom DFKI koordinierten Forschungsvorhabens SPAICER (Skalierbare adaptive Produktionssysteme durch KI-basierte Resilienzoptimierung) ist die Entwicklung von KI-basierten smarten Resilienz-Services zur Generierung von nachvollziehbaren Handlungsempfehlungen, die es Entscheidern ermöglichen, frühzeitig sinnvolle Stabili- sierungsmaßnahmen einzuleiten. also der großen Systeme für Unternehmensplanung und Fabriksteuerung. Dezentrale Steuerung Ursprünglich für kleinste Losgrößen konzipiert, lässt sich das Konzept der intelligenten Steuerung an insta- bile Produktionsbedingungen anpassen, indem es die Einteilung der Werkerinnen und Werker für die Herstel- lung des Produkts erlaubt, für das eben an diesem Tag Rohstoffe, Zulieferteile und Werker zur Verfügung ste- hen und dessen Herstellung zum aktuellen Energiepreis immer noch proﬁtabel ist. In der klassischen Produktion werden Mitarbeiterin- nen und Mitarbeiter im Voraus typischerweise in soge- nannte Loops eingeteilt. Ihre Aufgabe ist es, die einzel- nen Arbeitsschritte sequenziell von Station zu Station abzuarbeiten und das zu fertigende Produkt an festen Knotenpunkten an einen Kollegen zu übergeben. Im Fall der dynamischen Multivariantenfertigung mit geringer Losgröße entstehen während der Fertigung allerdings Wartezeiten oder Fehlbelastungen, die durch die vorher bereits abgeschlossene Produktionsplanung verursacht werden. Aufgrund der hohen Dynamik, der Echtzeit-An- forderungen und der Korrelation verschiedener Optimie- Ein vom DFKI entwickeltes KI-basiertes Optimierungssystem passt die Planung der Arbeitsabläufe in Echtzeit an.

09 2 2 0 2 / 1 s w e N I K F D KI-Services in der Produktion sollen Stillstände vermeiden und Ausschuss reduzieren. Interaktion zwischen weit entfernten Standorten und kann auch für die Fernwartung oder für die Fertigung aus der Distanz eingesetzt werden. Bedeutung von Industrieller KI Laut dem KI-Zukunftskompass, der 2020 im Auftrag von Bosch erstellt wurde, denkt eine Mehrheit der Deutschen (53 %), dass der Einsatz von Künstlicher Intelligenz für Un- ternehmen notwendig sei, um im internationalen Wett- bewerb bestehen zu können. In Deutschland ist der Anteil der Industrie an der Brut- towertschöpfung mit 22,9 Prozent am höchsten unter allen G7-Län- dern. Die stärksten Branchen sind Fahrzeugbau, Elektroindus- trie, Maschinenbau und Chemie. k i p e e r f / r o t c e v o r c a m © Die deutsche Wirtschaft ist ge- prägt von einer hohen industriellen Standortqualität, einer exportstarken In- dustrie und einem leistungsstarken Mittelstand. Mit industrieller KI hat sie die besten Voraussetzungen, ihr digitale Wettbewerbsfähigkeit stärken und ihre Qua- litätsführerschaft in der Zukunft zu behaupten. Mittels Smarter Resilienz-Services werden Sensordaten- ströme sowie Qualitäts- und Bilddaten von Halbzeugen bzw. Fertigteilen analysiert. Darauf basierend können Handlungsempfehlungen für Parameteroptimierung an Produktionsmaschinen abgeleitet sowie die Qualität von Halbzeug bzw. Fertigteilen ermittelt werden. Dies ermög- licht eine Reduktion von Produktionsfehlern sowie Kos- tenersparnisse durch die Vermeidung von Produktions- stillständen und Produktionsausschuss. Zur Resilienz-Steigerung werden Services auf einer of- fenen digitalen Plattform für Unternehmen angeboten – ohne, dass diese selbst umfangreiche KI-Expertise auf- bauen oder ihre Datenhoheit abgeben müssen. Konkret umgesetzt werden diese Anforderungen an- hand von KI-basierter Anomalieerkennung in der Fer- tigungs- bzw. Prozessindustrie sowie mit dem Konzept des Digitalen Zwilling. In diese digitale Repräsentanz sind alle möglichen Modelle einer industriellen Prozesskette modelliert, so dass alle möglichen Auswirkungen einer Abweichung simuliert werden können. Der digitale Zwilling Der digitale Zwilling kann noch mehr. Das Kon- zept ist nicht nur zur Simulation, son- dern auch als Eingabeschnittstelle zur realen Welt einsetzbar. In der Mensch-Roboter-Kollaboration er- möglicht es die nahtlose Zusam- menarbeit von Werkern und Wer- kerinnern mit modernen Cobots. Im Gegensatz zu klassischen Indus- trierobotern, die aus Sicherheitsgrün- den getrennt vom Menschen agieren müs- sen, können kollaborative Leichtbauroboter dem Menschen unmittelbar assistieren. Anwendungsfelder in der Produktion sind z.B. die Montage oder das Handling der Werkstückzufuhr und -entnahme an Bearbeitungs- maschinen. Die Nutzung bietet sich außerdem dort an, wo eine ﬂexible Skalierbarkeit des Automatisierungs- grads einer Fertigung gewünscht ist, bspw. zur ﬂexiblen Abdeckung von Kapazitätsspitzen. Gespeist durch zusätzliche Sensoren wird der digitale Zwilling einer Produktionszelle zur Eingabeschnittstel- le für ein robotisches Teach-in der Fabrikhalle werden – unabhängig vom jeweiligen Standort. Als Partner im RICAIP-Research and Innovation Centre on Advanced Industrial Production hat das DFKI zusammen mit dem ZeMA einen kollaborativen Roboterarm entwickelt, der von einer Person aus der Ferne über ein Virtual Reality Headset in Echtzeit intuitiv gesteuert werden kann. Das technologisch komplexe Szenario ermöglicht eine enge

10 D F K I N e w s 1 / 2 0 2 2 KI-Services ermöglichen die Erzeugung von Datenprodukten als Wirtschaftsgut. ERZEUGUNG UND VERWERTUNG Trotz der beiläuﬁgen Erfassung von großen Datenmengen im Kontext der Lebensmittelproduktion werden Daten pri- mär lokal von Unternehmen genutzt. Die standort- und herstellerübergreifende wirtschaftliche Verwertung von Daten, die hohe monetäre Potenziale sowie Effizienzsteige- rungen ermöglicht, wird lediglich in Teilen auf hoher Agg- regationsebene umgesetzt. Es fehlen die Rechtsgrundlage für das Dateneigentum und die Sicherheitsmechanismen zum Schutz vor Datenmissbrauch durch Dritte. Außerdem ist den Unternehmen oft nicht klar, welche Mehrwerte sie durch Partizipation an der Datenwirtschaft generieren können. Somit bleiben Großteile des potenziellen Daten- wertes ungenutzt. Ziel des Forschungsvorhabens EVAREST war die Entwicklung und Verwertung von Datenprodukten als Wirtschaftsgut 2 2 0 2 s s a a M © Generische Darstellung des Broker-Frameworks. im Ökosystem der Lebensmittelproduktion durch einen hybriden Datenmarktplatz für den abgesicherten Handel von Daten und Algorithmen. Nutzern aus der Lebensmit- telproduktion soll so die Beantwortung geschäftskritischer Fragen durch die Partizipation an einem Datenmarktplatz sowie die Erschließung neuer Geschäftsmodelle ermög- licht werden. Der Datenmarktplatz zeichnet sich durch eine rechtskonforme und souveräne Dateninfrastruktur sowie die Selbstbeschreibung von Daten und Services aus. Parallel wurden ökonomische und rechtliche Nutzungs- konzepte entwickelt. Der EVAREST-Datenmarktplatz er- möglicht die semi-automatisierte Erzeugung höherwer- tiger Datenprodukte durch dezentrale KI-Services. Der dezentral organisierte, globale Datenmarkt über IoT-Platt- formen realisiert die effiziente Verteilung des erzielten Mehrwerts auf Datenproduzenten und -verwerter durch elektronische Verträge. Herzstück der EVAREST-Datenplattform ist der technische eContract Broker. Wirtschaftsakteure zögern häuﬁg, sich an der gemeinsamen Nutzung von Daten zu beteiligen, da sie Vorbehalte bzgl. unberechtigtem Zugriff auf Daten, re- gulatorischen Risiken sowie dem Verlust ihrer Datensouve- ränität haben. Dennoch besteht häuﬁg Interesse, Zugang zu externen Daten zu erhalten. Der Broker stellt eine ver- trauenswürdige Dritte Partei dar und ermöglicht das sou- veräne, vertragsbasierte Handeln, Teilen und Verarbeiten von Daten. Elektronische Verträge garantieren dabei den Besitz und die Kontrolle von Datenbeständen, die Aus- führung von deﬁnierten Datenanalyseaufgaben auf der Grundlage von KI-Modellen sowie die gemeinsame Nut- zung der Ergebnisse gemäß den vertraglichen Zusagen.

11 2 2 0 2 / 1 s w e N I K F D Der Anwendungsfall: Trockenbohnen Trockenbohnen werden unter den essbaren Hülsenfrüchten weltweit am meisten angebaut. Mit steigender Tendenz zu vegetarischen und veganen Ernährungsformen tragen die Bohnen nicht nur zur Unterstützung einer klimafreundlichen Ernährung bei, sondern auch zum Klimaschutz durch redu- zierten Einsatz von Stickstoffdüngemitteln sowie CO2 Ein- sparungen und höhere Energieeffizienz. Zudem gibt es eine große genetische Vielfalt an Trockenbohnen. Ihre Qualität hat einen entscheidenden Einﬂuss auf die Pﬂanzenproduk- tion. Die Klassiﬁzierung der Trockenbohnen ist sowohl für die Vermarktung als auch für die Produktion von wesentli- cher Bedeutung, um die Grundsätze nachhaltiger landwirt- schaftlicher Systeme zu gewährleisten. Um einheitliche Saatgutsorten erzeugen zu können und diese zu optimalen Preisen zu verkaufen, möchte ein Land- wirtschaftsbetrieb A seine Trockenbohnen klassiﬁzieren. Der Betrieb schließt über den eContract Broker einen elek- tronischen Vertrag mit einem weiteren Landwirtschaftsbe- trieb B sowie dem Broker selbst ab. Ziel des Vertrags ist die gemeinsame Analyse der Datensätze für eine verbesserte Klassiﬁzierung. Beide Landwirtschaftsbetriebe übermitteln ihre Datensätze zu den Trockenbohnensorten mit jeweils 16 Merkmalen pro Sorte an den Broker. Durch die Anwendung neuronaler Netze on Edge erstellt der Broker eine Sorten- klassiﬁkation. Er löscht die Daten der Betriebe und sendet das Ergebnis an Landwirtschaftsbetrieb A. Dieser entlohnt Landwirtschaftsbetrieb B monetär und kann die Ergebnisse nutzen, um sein Saatgut zu optimieren und eine optimale Preisstrategie für seine Erzeugnisse zu speziﬁzieren. Zu- dem erhält der eContract Broker eine monetäre Entlohnung für den Abschluss, sowie die Ausführung des Vertrages und die Gewährleistung der souveränen, gemeinsamen Daten- analyse. PROJEKTSTECKBRIEF Konsortium • Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz, DFKI (Konsortialleitung) • Agrarmarkt Informations- Gesellschaft mbH (AMI) • Chocoladefabriken Lindt & Sprüngli GmbH • Forschungsinstitut für Rationalisierung e.V. (FIR) an der RWTH Aachen • Software AG • Universität des Saarlandes Partner Fördergeber Bundesministerium für Wirtschaft und BVE e.V. DIL e.V. Klimaschutz (BMWK) Projektträger Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) Volumen 2,3 Mio. € Basierend auf den technischen Ergebnissen konnte das Konsortium erfolgreich den GAIA-X Use Case „FAST“ ein- reichen, der sich mit Dateninteroperabilität und Datensou- veränität für die Lebensmittelproduktion beschäftigt. Das EVAREST-Konsortium veröffentlichte zudem die DIN SPEC 91452 „Geschäftsmodellentwicklung für ein Datenökosystem in der Lebensmittelproduktion“. Der Standard umfasst einen Gestaltungsansatz für die Speziﬁkation von Geschäftsmo- dellen in Datenökosystemen sowie für die Entwicklung und den Aufbau von Datenökosystemen. Kontakt Hannah Stein Forschungsbereich Smart Service Engineering hannah.stein@dfki.de +49 681 85775 5270 Das EVAREST Projektteam bei der Abschlussveranstaltung am 29. April 2022 im Forum Digitale Technologien in Berlin.

12 D F K I N e w s 1 / 2 0 2 2 y r o t c a F t r a m S : o t o F © INDUSTRIAL AI INDUSTRIAL AI KAISERSLAUTERN KAISERSLAUTERN Die Verwaltungsschale bildet als Digitaler Zwilling das Herzstück von Production Level 4 (PL4). Durch die Entwicklung der Verwaltungsschale (VWS) zur Verwaltungseinheit für sämtliche Assets in der Produktion ergeben sich völlig neue Optionen für ﬂexible und resiliente Fertigungsarchitekturen. y r o t c a F t r a m S : o t o F © Im skillbasierten Demonstrator-Ökosystem treten Maschinen und Produkte miteinander in Kontakt und handeln Produktionsschritte autonom aus. Assets und VWS Assets können alle Elemente in der Produktion sein: Ma- schinen, Schrauben, Sensoren, Programme, Produkte, Steuerungen, Konzepte oder CAD-Files. Die VWS oder Asset Administration Shell (AAS) ist der zentrale Ort, an dem im Idealfall sämtliche Informationen zu einem As- set vorliegen. Sind die Daten einheitlich abgelegt und universell lesbar, ist der nächste Entwicklungsschritt die autonome Kommunikation zwischen den Assets. Sie kön- nen dann ihre Selbstbeschreibung, also ihre Fähigkeiten oder Skills, nach außen tra- gen und in Netzwerken an- bieten. „Das ist der Übergang vom statischen Datenmodell zum lebenden System in der realen Produktion, das digitale Zwillinge, Simulationsmo- delle und reale Produktionseinrichtungen miteinander verknüpft“, sagt Prof. Ruskowski, Vorstandsvorsitzen- der der SmartFactory-KL und Forschungsbereichsleiter Innovative Fabriksysteme am DFKI Kaiserslautern. „Man kann sagen, die Verwaltungsschale als Digitaler Zwilling ist ein Schlüsselelement für Production Level 4.“ Neue Produktionsarchitekturen In Kaiserslautern entsteht seit 2021 an vier Standorten ein skillbasiertes Demonstrator-Ökosystem, das auf der Fä- higkeit der Selbstbeschreibung basiert. So wird es mög- lich, dass Maschinen und Produkte miteinander in Kontakt treten und autonom Produktionsschritte aushandeln kön- nen. Konkret ist geplant, dass ein Produkt seine nächste Pro- duktionsnotwendigkeit kennt, bspw. „Ich benötige ein Loch in der rechten Seite“ und sich im Netzwerk eine Maschine sucht, die über den Skill „Loch bohren“ verfügt. Sogenannte Production Bots sollen die Arbeits- schritte aushandeln, organisieren und überwachen. Not- wendig sind dafür sichere Datenplattformen wie Gaia-X, wo im Rahmen des Forschungsprojekts smartMA-X die Shared Production Kaiserslautern entsteht. Perspektivisch soll es möglich sein, dass sich ein Produkt in einem Netzwerk seinen eigenen Produktionsweg in- dividuell konﬁguriert. Dabei kann das Produkt auch be- sondere Anforderungen formulieren, wie etwa Energie- effizienz, einen geringen CO2-Fußabdruck oder kurze Durchlaufzeiten. Software, Open Source und Industrial AI „Ziel unserer Forschung ist eine resiliente und nachhalti- ge Produktion“, betont Ruskowski. „Je nach Aufgabe und Anforderung kommen verschiedene Cloudlösungen oder KI-Methoden zum Einsatz.“ Dabei liegt der Schwerpunkt auf der Nutzung von Open-Source-Software und gekap- selten Lösungen, die eine Interoperabilität ermöglichen. „Kapselung bedeutet, dass nach außen nur der Skill kom- muniziert wird, während es intern unwichtig ist, wie er tech- nisch konkret umgesetzt ist“, erläutert Ruskowski. „Dass wir Production Level 4 aktuell immer weiter entwickeln können, liegt auch daran, dass uns immer leistungsfähigere Cloud- oder Edge-Cloud-Lösungen zur Verfügung stehen, wo die KI-Methoden auch in Echtzeit arbeiten können.“ Weitere Informationen www.smartfactory.de Kontakt Dr. Ingo Herbst Leiter Kommunikation und Pressesprecher SmartFactoryKL info@smartfactory.de +49 631 20575 3406 Perspektivisch bedeutet Production Level 4, dass sich ein Produkt in einem Netzwerk seinen eigenen Produktionsweg individuell konﬁguriert.

13 13 13 I I K K F F D D 2 2 0 2 / 1 s w e N I K F D 2 2 2 2 0 0 2 2 / / 1 1 1 S S W W W E E N N I I K K F F D D UND VERTRAUENSWÜRDIGEN AUTONOMEN Statt darum zu konkurrieren, können sich Verkehrsteilnehmer den knappen öffentlichen Raum in der Stadt in sogenannten Shared Spaces teilen. Für autonom fahrende Fahrzeuge stellt der Shared Space eine Herausforderung dar, vor allem weil die Kollisionsvermeidung in dichten, nicht begrenzten und hochdynamischen Gebieten hohe Anforderungen an aktuelle KI-Algorithmen stellt. Um ein großes Maß an Sicherheit für die Verkehrsteilnehmer zu gewährleisten, ist die Erforschung und Entwicklung von KI-Methoden speziell für diese Art der Mobilität ein wesentlicher Schritt für einen nachhaltigen Verkehr der Zukunft. Kamera- und IMU-Sensoren, schätzte Kamera-Lidar-Ka- librierungsparameter, synchronisierte alle Sensordaten, entzerrte Kamerabilder und konvertierte GPS-Koordinaten in Positionen auf der lokalen, campusweiten Karte. Die in LidarShared entwickelten Methoden und Datensätze bilden die Grundlage für künftige robuste und vertrauens- würdige Projekte in den Bereichen Computer Vision und autonomes Fahren. Die Wissenschaftlerinnen und Wissen- schaftler haben bereits damit begonnen, die gewonnenen Erfahrungen in kommenden Projekten zu nutzen, um den Weg für sichere und zuverlässige KI-basierte Systeme mit weniger oder gar keiner menschlichen Überwachung zu eb- nen. Eine öffentliche Präsentation der Ergebnisse ist für den Sommer 2022 geplant. Kontakt Farzad Nozarian Forschungsbereich Agenten und Simulierte Realität farzad.nozarian@dfki.de +49 681 85775 5462 Im Projekt LidarShared hat das Team des DFKI-Forschungs- bereichs Agenten und Simulierte Realität (ASR) KI-Algorith- men mit Solid-State-Lidar-Sensoren kombiniert, um der au- tonomen Fahrnavigation in dichten und überfüllten Shared Spaces einen Schritt näher zu kommen. Ein KI-Framework für Forschung und Praxis, das auf Open-Source-Methoden für verschiedene Computer-Vision-Aufgaben basiert, soll Verkehrsteilnehmer in Lidar-Punktwolken und Kamerabil- dern zuverlässig erkennen und sie lange genug verfolgen, um ihren zukünftigen Weg vorherzusagen. Um das Haupt- ziel des Projekts – ein robustes, hochsicheres und kollisions- vermeidendes Navigationssystem – zu erreichen, wurden verschiedene Methoden und Konzepte wie unüberwachtes Lernen, Wissenstransfer, Domänenanpassung und Sensor- fusion kombiniert eingesetzt. Die Forschungsgruppe ent- wickelte synthetische Datenerfassungs-, Beschriftungs- und Visualisierungstools und erstellte einen synthetischen Multisensordatensatz für die 3D-Objekterkennung auf der Grundlage eines Realdatensatzes für das autonome Fahren. Um reale Situationen nachzubilden, wurde die Qualität des synthetischen Datensatzes durch eine sorgfältige Feinab- stimmung der Parameter der simulierten Sensoren und Um- gebungen verbessert. „Um Daten in der realen Welt erfassen zu können haben wir ein Testfahrzeug mit einer nach vorne gerichteten RGB- Kamera, Lidar-, IMU- und GPS-Sensoren sowie einer ein- gebetteten Verarbeitungseinheit ausgerüstet und auf dem Campus der Universität des Saarlandes Daten gesammelt“, so Projektmanager Farzad Nozarian. Darüber hinaus wurden Tools zur Konvertierung der Roh- daten in das öffentliche KITTI-Datenformat entwickelt, etwa für die Daten der Lidar-Odometrie und die der 2D/3D- Objekterkennung und -verfolgung. Das Team kalibrierte Ein KI-Framework soll Verkehrsteilnehmer in Lidar-Punktwolken und Kamerabildern zuverlässig erkennen.

14 D F K I N e w s 1 / 2 0 2 2 TRUSTED AI TRUSTED AI MIT VERTRAUEN MIT VERTRAUEN m o c . e b o d a . k c o t s , t e r o c e d s © Künstliche Intelligenz (KI) hat sich zu einer führenden Technologie des digitalen Wandels entwickelt, die die Wirtschaft, die Gesellschaft und unser Leben verändert und weltweit massive Investitionen nach sich zieht. Das vergangene Jahrzehnt war geprägt von Deep Learning. Die Methode des maschinellen Lernens hat KI vor allem in der Bild- und Videoanalyse sowie der Text- und Sprachverarbeitung von einer Nischenwissenschaft zu einer gesellschaftlich relevanten „Megatechnologie” gemacht. Diese neue Technologie wurde vor allem ermöglicht durch neuartige Graﬁkprozessoren und die Verfügbarkeit großer Datenmengen aus sozialen Medien und ähnlichen Quellen. Allerdings stoßen wir an die Grenzen der Kontrollierbar- keit großer, hochgradig vernetzter, KI-basierter Systeme, weil wir die Komplexität aktueller KI-Modelle oft selbst nicht verstehen können und es an Methoden und Prozes- sen fehlt, um ihre Sicherheit, Zuverlässigkeit und Trans- parenz zu gewährleisten. Werden diese neuartigen und schwerwiegenden Grenzen nicht überwunden, scheinen eine schwindende Akzeptanz von KI in der Öffentlichkeit und bei den Verbrauchern und damit drastische Einbußen an Geschäftsmöglichkeiten und Märkten unausweichlich. Das sieht man überdeutlich beim breiten Rückzug der Au- tomobilbranche vom hochautomatisierten Fahren. KI-ba- sierte Technologie ist auch ein Schlüsselfaktor für ande- re große deutsche Wirtschaftssektoren – einschließlich Gesundheit, Mobilität, Energie und die digitale Industrie selbst. All diese Märkte hängen von unserer Fähigkeit ab, komplexe und hochvernetzte KI-Systeme zu bauen, die Menschen bei der Situationsanalyse und Entscheidungs- ﬁndung unterstützen. Trotz aller Erfolge waren viele sich nicht bewusst, dass Deep Learning kein wirkliches Verständnis des Problems aufbaut, sondern lediglich komplexe statistische Zusammenhänge abbildet. Als Probleme sichtbar wurden, wie die fehlende interne Repräsentation der Bedeutung (Interpretierbarkeit und Transparenz), die Anfälligkeit für Veränderungen des Eingangssignals (Robustheit), die fehlende Übertragbar- keit auf Fälle, die nicht von den Daten abgedeckt werden (Generalisierung) und nicht zuletzt der große Datenhun- ger selbst (Effizienz, Angemessenheit), war eine große Er- nüchterung festzustellen. In der jüngsten Vergangenheit wird jedoch unter dem Be- griff „Trusted AI“ ein neuer Gesamtansatz für die Lösung dieser Probleme vorangetrieben. Das Ziel von Trusted AI ist eine neue Generation von KI-Systemen, die Garanti- en über ihre Funktionalität bereitstellen und so eine Ver- wendung insbesondere auch in kritischen Anwendungen ermöglichen. So können Entwickler, Benutzer und Regula- toren auf die Leistung und Zuverlässigkeit auch in komple- xen sozio-technischen Systemen vertrauen. Trusted AI ist gekennzeichnet durch ein hohes Maß an Robustheit, Trans- parenz, Fairness und Veriﬁzierbarkeit, wobei die Funktio- nalität bestehender Systeme keineswegs beeinträchtigt, sondern sogar verbessert werden soll. Einige der aktuellen Probleme im Zusammenhang mit man- gelndem Vertrauen in KI-Systeme sind eine direkte Folge des massiven Einsatzes von Black Box-Methoden, die sich nur auf Daten stützen. Stattdessen liegen die Grundlagen einer neuen KI-Generation eher auf hybriden KI-Systemen (auch neuro-symbolisch oder neuro-explizit genannt). Die- se verlassen sich nicht nur auf datengesteuerte Ansätze, sondern auf die gesamte Palette von KI-Techniken („All of AI”), einschließlich symbolischer KI-Methoden, Suche, Argumentation, Planung und anderer Techniken. Durch die Kombination von Machine Learning mit symbolischem Schlussfolgern und der expliziten Repräsentation von Wis-

15 2 2 0 2 / 1 s w e N I K F D KI-Agenten (Human Empowerment) untersucht. Trusted AI ist dabei das zentrale Forschungsziel. Der Fokus auf Trusted AI impliziert auch, dass Vertrauen und Zuverlässigkeit selbst als Wertversprechen umformuliert werden können. Da sich jede Wirtschaft und Gesellschaft in naher Zukunft mit den oben beschriebenen Herausfor- derungen und Bedrohungen auseinandersetzen muss, ge- winnt derjenige einen grundlegenden Wettbewerbsvorteil, der es schafft, die Grenzen der Beherrschbarkeit von KI zu verschieben. Dies bietet insbesondere Deutschland und Eu- ropa die große Chance, ihre digitale Wettbewerbsfähigkeit zu stärken und ihre Anstrengungen unter einem gemein- samen und visionären Ziel zu bündeln. „Trusted AI Made in Germany“ hat das Potenzial, eine weltweit sichtbare Marke zu werden, die Deutsch- lands Anspruch auf industrielle Qualitätsführerschaft in die digi- tale Zukunft transportiert. e b o d a . m o c . k c o t s - t e r o c e d s © Weitere Informationen https://tailor-network.eu Kontakt Dr. André Meyer-Vitali Forschungsbereich Agenten und Simulierte Realität andre.meyer-vitali@dfki.de +49 681 85775 7241 sen in hybriden KI-Systemen wird „Trust by Design“ ermög- licht. Semantische oder andere explizite Modelle können Wissen darstellen, das dann nicht mehr maschinell gelernt werden muss. Außerdem können sie den Lernprozess in die richtige Richtung steuern, wodurch das Generalisieren, die Robustheit und die Interpretierbarkeit verbessert werden. Dieser hybride Ansatz wird gerne auch als dritte Welle der KI bezeichnet („3rd Wave of AI”). Auch die High-Level Expert Group (HLEG) der EU hat die Prinzipien in „Ethics Guidelines for Trustworthy Artiﬁcial In- telligence“ festgelegt: Künftige KI-Anwendungen müssen legal und robust sein, sowie europäische ethische Prinzi- pien und Werte respektieren. Eine Gesetzgebung, die die- se Anforderungen verpﬂichtet, wird in den nächsten Jah- ren in Kraft treten. Bei Anwendungen mit großen physischen, wirtschaftlichen und sozialen Risiken sind die Anforderungen besonders streng. Beim Einsatz von KI-Systemen bei solchen Anwendungen wird vorausgesetzt, dass die KI-Systeme validiert und zer- tiﬁziert werden. Dabei hilft hybride KI, indem die größere Transparenz genau die benötigten Einsichten bieten kann. Im DFKI-Forschungsbereich Agenten und Simulierte Realität (ASR) werden hybride KI-Ansätze erforscht und angewen- det, wobei eine neu entwickelte Systematik der möglichen Kombinationen bei der Beurteilung von Vor- und Nachteilen in verschiedenen Anwendungsgebieten hilft. Aktuell wird im Bereich von sicherheitstechnischen Aspekten geforscht, die Validierung und Zertiﬁzierung von KI-Systemen sowie die Entscheidungsﬁndung in Teams von menschlichen und m o c . e b o d a . k c o t s , s k r o w r o m a t e m ©

16 D F K I N e w s 1 / 2 0 2 2 EIN NETZWERK AUS EIN NETZWERK AUS k i p e e r f © Die Europäische Kommission stellte im September 2020 mit der Ausschreibung „Towards a vibrant European net- work of AI excellence centres“ die Weichen für die Zu- kunft der KI-Forschung in Europa. Das Netzwerk aus eu- ropäischen KI-Exzellenzzentren, das sich zur Keimzelle für weitere Aktivitäten in KI-Spitzenforschung und In- novation in Europa entwickeln soll, wird in den Projekten VISION, TAILOR und HumanE-AI-Net vom DFKI maßgeb- lich mitgestaltet. Auch Mitglieder des europäischen For- schungsnetzwerks CLAIRE sind in der Koordination der europäischen KI-Exzellenznetzwerke beteiligt. Im Fokus steht die Anwendung einer menschzentrierten KI, die den Menschen unterstützen und nicht ersetzen will. Bereits ein Jahr nach Projektstart sind in den Netzwerken zahl- reiche Aktivitäten entstanden, um die Zusammenarbeit aber auch netzwerkübergreifende Arbeit zu fördern so- wie die Kräfte in Richtung einer breiten Akzeptanz im Zu- kunftsfeld “Trustworthy AI” zu bündeln. Einen Übersichtsartikel zum Thema “Trust worthy bzw. Trusted-AI” ﬁnden Sie in dieser Ausgabe S. 14 Eine Maßnahme war die Etablierung einer zentralen Kom- munikationsplattform auf der Basis des Dienstes Matter- most, die über das Projektende hinaus weiterbestehen soll, um die direkte Vernetzung der Akteure zu sichern. Großevents, wie die virtuelle „European Vision for AI“ im April 2021, gaben der breiten Öffentlichkeit die Möglich- keit, Aktivitäten der europäischen Wissenschaftsgemein- schaft kennen zu lernen und zum ersten Mal den neuen Vorschlag der Kommission zur Regulierung von KI in Euro- pa zu diskutieren. Mit großem Erfolg fand zudem der erste gemeinsame Workshop der KI-Exzellenznetzwerke statt, um die europaweite Zusammenarbeit sowohl auf strate- gischer als auch operativer Ebene zu initiieren. Das DFKI organisierte dabei eine Panel-Session, die speziell auf Best Practices sowie innovative Formate zur Zusammen- arbeit zwischen Forschung und Industrie fokussiert war. Eines dieser innovativen Formate, sind sog. Theme De- velopment Workshops (TDW), die Forschende, Industrie- und weitere Interessensvertreter zusammenbringen, um sektorbezogene oder auch -übergreifende Trends und Bedürfnisse im Bereich der KI zu identiﬁzieren und mit aktuellen Forschungsthemen zu verbinden. Das Konzept des TDW stammt ursprünglich aus CLAIRE, wo einige erfolgreiche Veranstaltungen geplant und durchgeführt wur- den, u.a. gemeinsam mit der https://claire-ai.org/ European Space Agency (ESA) ( theme_development_workshops). Die Ergebnisse aus den TDWs werden in die Roadmap-Aktivitäten der KI- Exzellenznetzwerke einﬂießen und damit die europäische KI-Forschungs- und Innovationsroadmap bereichern. Reports und nähere Informationen zu den TDWs ﬁnden Sie auf den VISION-Webseiten www.vision4ai.eu Bisher wurden drei TDWs mit sektorspeziﬁschem Fokus sehr erfolgreich durchgeführt: zu KI im öffentlichen Sektor, zur Zukunft der Mobilität und zur Zukunft des Gesundheitswe- sens haben 180 Experten aus ganz Europa teilgenommen, u.a. von der ZF Group, dem Volkswagen Data Lab, dem Luxembourg Institute of Health, Philips und Vertretern der Europäischen Kommission. Die Berichte mit Ergebnissen aus diesen TDWs können auf der Webseite von TAILOR https://tailor-network.eu/activities/theme- ( development-workshops) heruntergeladen werden. Ein weiterer sektorbezogener TDW zum Thema „AI for Ma- nufacturing“ fand am 10. Mai 2022 statt, der erste sekto- rübergreifende TDW „AI: Mitigating Bias and Disinforma- tion“ wurde am 18. Mai durchgeführt. Weitere Workshops für verschiedene Industriesektoren und übergreifende KI-Themen sind in Planung, dabei sind auch Teilnehmer aus Forschung und Industrie außerhalb der Netzwerke willkommen.

VISION – Die Koordination der Europäischen KI-Netzwerke 17 2 2 0 2 / 1 s w e N I K F D Ziel von VISION ist die Koordi- nierung und enge Abstimmung der europäischen KI-Exzellenz- netzwerke AI4Media, ELISE, Hu- manE-AI-Net und TAILOR sowie der Austausch mit der Europäischen Kommission. Das DFKI übernimmt dabei vor allem die Organisation für eine zielge- richtete Zusammenarbeit zwischen Forschung und Industrie. www.vision4ai.eu TAILOR – Vertrauenswürdige KI für Europa In TAILOR arbeiten 55 Partner auf europäischer Ebene mit Vertretern aus Forschung und Industrie gezielt an der Erarbei- tung einer wissenschaftlichen Basis für vertrauenswürdige KI (Trustworthy AI). Dazu werden Ansätze aus verschiedenen KI-Bereichen wie Maschinelles Lernen sinnvoll kombiniert und integriert, um wichtige Komponenten für vertrauenswürdige KI wie Erklärbarkeit, Sicherheit, Fairness, Haftung, Verantwortlichkeit sowie Reproduzierbarkeit, Datenschutz und Privatsphäre sowie Nachhaltigkeit zu adressieren. https://tailor-network.eu HumanE-AI-Net – KI mit einem menschzentrierten Fokus Das Ziel von HumanE-AI-Net ist die Vereinigung von Spitzenforschungszentren, Universitäten und Schlüsselakteuren aus In- dustrie in Europa innerhalb eines Netzwerks von Exzellenzzentren. Dazu sollen Akteure aus verwandten Bereichen wie Mensch- Maschine-Interaktion, Kognitions- oder Sozialwissenschaften mit weltweit führenden KI-Kompetenzen verbunden werden. www.humane-ai.eu Weitere Informationen https://claire-ai.org Kontakt Dr. Silke Balzert-Walter Forschungsbereich Agenten und Simulierte Realität Claire Office Germany office-germany@claire-ai.org +49 681 85775 2107

18 D F K I N e w s 1 / 2 0 2 2 v.l. Clemens Hoch, Prof. Martin Ruskowski, Prof. Andreas Dengel, Prof. Philipp Slusallek, Prof. Didier Stricker, Malu Dreyer, CFO Helmut Ditzer, Prof. Paul Lukowicz, Olaf Scholz, Prof. Sebastian Vollmer, CEO Prof. Antonio Krüger. Lebens. Das DFKI in Rheinland-Pfalz ist seit mehr als 30 Jahren die führende wirtschaftsnahe Forschungseinrich- tung auf dem Gebiet der Künstlichen Intelligenz. Wir ha- ben in und um Kaiserslautern ein starkes KI-Cluster und eine ambitionierte KI-Strategie für Rheinland-Pfalz. Wir sind natürlich besonders stolz, dass wir hier aus Rhein- land-Pfalz auch entscheidende Impulse für die Umsetzung der KI-Strategie der Bundesregierung geben können und dem DFKI, sowohl beim Transfer von Forschungsergeb- nissen in die industrielle Praxis als auch bei der Qualiﬁ- zierung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern eine zentrale Rolle zukommt.“ Prof. Dr. Antonio Krüger, Vorsitzender der DFKI- Geschäftsführung: „Der Besuch des Bundeskanzlers ist ein deutliches Zeichen, dass die Weiterentwicklung der KI am Standort Deutschland weiterhin ein zentrales Anliegen der Regierung ist – auch wenn Krisen das Thema zuletzt überschattet haben. Teil unserer Mission ist es, Begleitet von Ministerpräsidentin Malu Dreyer und Wissen- schaftsminister Clemens Hoch ließ Bundeskanzler Scholz sich von DFKI-CEO Prof. Antonio Krüger und Standortdirektor Prof. Andreas Dengel in den innovationsträchtigen Räum- lichkeiten der SmartFactory-KL Einblicke in ausgewählte Projekte und Beispiele aus den Transferaktivitäten geben. Er betonte die Transferleistung des DFKI mit Verweis auf die vielen ausgegründeten Start-ups und zahlreichen Industriepartner, welche die Kompetenz des DFKI in An- spruch nehmen. Zusammenfassend bemerkte er: „Ein beeindruckender Besuch und eine großartige Gelegen- heit für Erkenntnisse und für ein bisschen Stolz, weil es hier in unserem Land ist.“ „Ich bin sehr dankbar, hier sein zu können und sehr beeindruckt. Es sei wichtig zu wissen, dass Deutschland in den Fragen der Künstlichen Intelligenz zu den Ländern zählt, die vorne an dabei sind, wenn es um die wissenschaftliche Durchdringung und die technologische Kompetenz bei KI gehe.“ Bundeskanzler Olaf Scholz nach seinem Besuch am 18. März 2022 im DFKI in Kaiserslautern Hierzu erklärte Ministerpräsidentin Malu Dreyer: „Ein zent- rales politisches Thema unserer Zeit ist die Digitalisierung und die damit verbundene Modernisierung, sowohl des Staates, der Wirtschaft wie auch des gesellschaftlichen Gesundheitserhaltung und Arbeitsschutz: Mit dem intelligen- ten Sensornetzwerk BIONIC lassen sich körperliche Belastun- gen reduzieren.

19 2 2 0 2 / 1 s w e N I K F D Im Zentrum des Programms standen „KI für den Menschen“ und der erfolgreiche Transfer in Wirtschaft und Gesellschaft. verlässliche und vertrauenswürdige KI aus Deutschland und Europa im internationalen Wettbewerb ganz vorne zu platzieren. Wir freuen uns, dass wir heute auf höchs- ter Ebene aufzeigen konnten, wie wir diese Herausfor- derung in Zusammenarbeit mit Bund, Ländern, unseren Gesellschaftern und Industriepartnern angehen und wie wir diesen Weg weiter ambitioniert gestalten wollen.“ Prof. Dr. Andreas Dengel, Geschäftsführender Direk- tor des DFKI in Kaiserslautern und KI-Botschafter des Landes Rheinland-Pfalz: „Der nachhaltige Transfer von Forschungsergebnissen ist die Basis für die Integration nutzbringender Technologien in die Gesellschaft. Dabei ist erfolgreicher Transfer keine Einbahnstraße, sondern lebt von der engen Zusammenarbeit und einem vitalen Ökosystem aus Forschung und Anwendung. Heute konn- ten wir anhand ausgewählter praktischer Beispiele zei- gen, wie es gelingt mit Künstlicher Intelligenz auch die kognitive Arbeit der Menschen zu verbessern und wie KI dabei helfen kann, große gesellschaftliche Heraus- forderungen, wie eine Pandemie und den Klimawandel besser zu meistern. Der Besuch des Bundeskanzlers, der Ministerpräsidentin und des Ministers unterstreicht die Relevanz der KI-Forschung. Wir betrachten ihn als gro- ße Wertschätzung der Forschungs- und Transferleistun- gen unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, nicht nur am Standort Kaiserslautern, sondern im gesamten DFKI.“ Third Mission: Das Transfer-Ökosystem des DFKI Ein Schwerpunkt lag auf dem Transfer-Ökosystem des DFKI, das anhand ausgewählter Technologieentwicklungen aus den in Kaiserslautern ansässigen Transferlabs vorgestellt wurde. Um Partnern außerhalb von geförderten Konsor- tialprojekten eine kontinuierliche und aktive Teilhabe an den aktuellen KI-Entwicklungen zu ermöglichen, bieten spezielle Transferlabs individuelle Beteiligungs-Optionen für jede Unternehmensgröße. Die Labs folgen einem eta- blierten Erfolgsmodell für den direkten Transfer von For- schungsergebnissen in die Industrie: Proﬁl und Wunsch des Kunden gehen ein in die gezielte Entwicklung inno- vativer Lösungen aus dem breiten Feld der KI-Forschung. Innerhalb der AI4EO Solution Factory nutzt das DFKI KI-Ex- pertise zusammen mit Erdbeobachtungsdaten der ESA, um neue Lösungen und Geschäftsmodelle zu entwickeln. Das aktuell größte Projekt darin ist das Yield Consortium Transferlab. Es verfolgt das Ziel, durch KI den Zustand und die Entwicklung des Wachstums für alle wichtigen Acker- pﬂanzen besser abschätzen zu können, um diese für Er- tragsvorhersage und Risikomodelle zu nutzen. Im Transferlab SAIL mit Sartorius geht es um den Einsatz und die Entwicklung von KI-Tools für biopharmazeutische Produkte. Hier wird an Deep Learning-Algorithmen und Methoden zur Bilderkennung von Zellen und Organoiden, zur Analyse und Modellierung biologischer Systeme und zur Simulation und Optimierung von biopharmazeuti- schen Produktionsverfahren geforscht. Das polizeiliche Transferlab KIforPol mit BKA/LKA erforscht und erprobt Einsatzmöglichkeiten von KI aus dem Bereich der Inne- ren Sicherheit. Intelligente Lösungen sind insbesondere zur Analyse von Daten für die Beweisaufnahme und -füh- rung oder zur speziﬁschen Mustererkennung in Massen- daten notwendig. Pandemiesimulation und intelligente Sensorik Zwei Projekte wurden praxisorientiert demonstriert: Das A-Score-Pandemie-Cockpit erleichtert Entscheidungen über Corona-Maßnahmen auf lokaler Ebene. Über ein in- tuitiv bedienbares Dashboard werden Daten ausgewer- tet, die die Auswirkungen von konkreten Maßnahmen an- hand einer Simulationssoftware auf kommunaler Ebene abschätzen. AScore: Das Pandemie-Dashboard für Kommunen ermöglicht es Krisenstäben, die Auswirkungen von lokalen Maßnahmen konkret zu simulieren. Mit BIONIC wurde ein intelligentes Sensornetzwerk zur Reduzierung körperlicher Belastungen vorgeführt. Durch handhabbare, robuste und datensichere mobile Systeme werden objektive Echtzeit-Bewegungsanalysen durchge- führt, die den Menschen auf seine Fehlhaltungen hinwei- sen. Mit dem Spin-off Sci-Track hat die Technologie vor kurzem den Weg von der Forschung in den Markt gefunden. Kontakt Christian Heyer Leiter Unternehmenskommunikation DFKI Kaiserslautern christian.heyer@dfki.de +49 631 20575 1710

20 D F K I N e w s 1 / 2 0 2 2 Autonome Unterwasserfahrzeuge (AUVs) inspizieren, warten und reparieren eigenständig Offshore-Anlagen unter Wasser – um dieser Vision einen bedeutenden Schritt näher zu kommen, entwickelte ein Konsortium unter Leitung des DFKI im Projekt Mare-IT ein innovatives Zweiarm-AUV eingebettet in eine leistungsstarke IT-Infrastruktur. Die regelmäßige Inspektion und Wartung ist für die Si- cherheit von Offshore-Infrastrukturen wie Windenergie- anlagen oder Öl- und Gasförderungsanlagen essenziell. Die Arbeiten unter Wasser sind jedoch nicht nur aufwendig und teuer, sondern bergen auch erhebliche Risiken für die Tauchenden, die sie durchführen. Ferngesteuerte Unter- wasserfahrzeuge (ROVs) werden schon heute eingesetzt, um den Zustand maritimer Anlagen zu überwachen. Der Trend geht jedoch hin zu Systemen, die als sogenannte Subsea-Resident-AUVs über lange Zeiträume im Wasser verbleiben, dort mithilfe von Methoden der Künstlichen Intelligenz (KI) autonom operieren und zugleich im Be- darfsfall ferngesteuert werden können. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung ist einem Konsor- tium führender Unternehmen und Forschungseinrich- Das Zwei-Arm-AUV Cuttleﬁsh wird in der Maritimen Explo- rationshalle des DFKI in Bremen zu Wasser gelassen. tungen aus den Bereichen IT, Robotik, Antriebstechnik und Offshore unter Leitung des DFKI Robotics Innovati- on Center im Projekt Mare-IT gelungen. Zum Projektab- schluss präsentierten die Partner, zu denen außerdem die DFKI-Forschungsbereiche Kognitive Assistenzsyste- me und Eingebettete Intelligenz sowie die WITTENSTEIN cyber motor GmbH, SAP SE und die ROSEN Technology and Research Center GmbH gehören, eine ganzheitli- che Lösung. Diese umfasst ein neuartiges Zweiarm-AUV, das sowohl autonom als auch ferngesteuert operieren kann und dank zwei integrierter Manipulatoren für War- tungsarbeiten und Reparaturen an Unterwasserstruk- „Mit Mare-IT konnten wir einmal mehr zeigen, dass sich die Entwicklung autonomer Roboter für komplexe Unterwasseranwendungen nicht ohne den Einsatz von Methoden des maschinel- len Lernens und der Künstlichen Intelligenz denken lässt. Unsere Forschung stellt einen wichtigen Baustein dar, um die Vision praxis- tauglicher AUVs in der Oshore-Industrie Wirklichkeit werden zu lassen. Wir freuen uns, dass wir das Projekt auch dank der sehr guten Zusammenarbeit mit unseren starken Partnern trotz der erschwerten Bedingungen durch die Corona-Pandemie erfolgreich abschließen konnten.“ Prof. Dr. Frank Kirchner, Leiter des DFKI Robotics Innovation Center

turen einsetzbar ist. Darüber hinaus stellen die Partner eine leistungsfähige IT-Infrastruktur bereit, die nicht nur die intuitive Steuerung und Überwachung des Robo- ters unter Wasser ermöglicht. Sie gewährleistet auch den reibungslosen bidirektionalen Informationsﬂuss mit den Anlagenbetreibern und erlaubt die Einbindung in beste- hende Geschäftsprozesse. Das DFKI Robotics Innovation Center hat in Mare-IT erfolg- reich das AUV „Cuttleﬁsh“ als einen frei in der Wassersäule positionierbaren Interventionsroboter entworfen und auf- gebaut. Das innovative Fahrzeug verfügt über zwei an der Bauchseite angebrachte, tiefseetaugliche Greifsysteme, mit denen es Objekte unter Wasser manipulieren kann. Dabei ist es in der Lage, den Schwerpunkt und Auftrieb während eines Tauchgangs zu verändern und beliebige Orientierungen einzunehmen und stabil zu halten. Neben dem vollautonomen Einsatz kann der Roboter mittels ei- ner Glasfaser in einem hybriden Modus betrieben werden, der das Eingreifen durch den Menschen erlaubt, etwa bei kritischen Operationen an Unterwasserstrukturen. Ein Forscher überwacht die Kollisionsvermeidung des AUVs im Dual-Armbetrieb vom Beckenrand aus. Ein am DFKI-Forschungsbereich Kognitive Assistenz- systeme entwickelter virtueller Co-Pilot unterstützt den Menschen im Leitstand bei Teleoperationsaufgaben. Aus- gestattet mit einer Microsoft HoloLens ist er dank einer holograﬁschen 3D-Darstellung auf dem Display jederzeit über den aktuellen Zustand des AUVs informiert. Per na- türlicher Sprachinteraktion können Sensorinformationen und Messwerte eingeblendet und Warnungen konﬁguriert werden. Zudem lassen sich das AUV und dessen Kame- ras über Sprachbefehle steuern und in Kombination mit Eye-Tracking Informationen zu Elementen der Infrastruk- tur abrufen. Als Ergänzung zu den innovativen Interakti- onstechnologien erarbeitete der DFKI-Forschungsbereich Eingebettete Intelligenz eine Webanwendung, die es er- laubt, den Roboter über mobile Endgeräte wie Smartpho- nes oder Tablets zu steuern und Parametereinstellungen vorzunehmen. Die WITTENSTEIN cyber motor GmbH entwickelte die hochrobusten Thruster-Antriebe für die Fortbewegung 21 2 2 0 2 / 1 s w e N I K F D Das AUV hochkant in der Was- sersäule mit ausgefahrenen Manipulatoren. Das AUV führt in aufrechter Position Manipulationsauf- gaben an einem Unterwas- ser-Mockup durch. des AUVs. Diese ermöglichen hochpräzise Bewegun- gen, wie sie für das Andocken an Unterwasserstrukturen erforderlich sind. m o c . e b o d a . © k c o t s - t e r o c e d s SAP untersuchte in Mare-IT, in welcher Form autonome Systeme wie AUVs in IT-Infrastrukturen eingebunden wer- den können. Um die Interoperabilität sicherzustellen und Integrationskosten und -aufwände zu reduzieren, wurde eine herstellerunabhängige Integration digitaler Zwillinge in betriebswirtschaftliche Anwendungen durch Ausprä- gung der Verwaltungsschale realisiert. Die ROSEN Gruppe entwickelte im Projekt vier unterschiedliche Messtechno- logien für AUVs, um den Zustand verschiedener Untersee- strukturen überprüfen zu können: Magnetfeldsensoren zur Detektion von ferromagnetischen Strukturen, Sensoren zur Messung elektrischer Felder von Kathodenschutzanlagen sowie Ultraschall- und Wirbelstromsensoren zur Messung lokaler Wandstärken mit Hilfe der Manipulatoren am AUV. Das Projekt Mare-IT wurde mit Mitteln des Bundesminis- teriums für Bildung und Forschung unter dem Förderkenn- zeichen O1lS17029A gefördert. Weitere Informationen https://robotik.dfki-bremen.de/de/forschung/ projekte/mare-it www.youtube.com/watch?v=-NcroB_OaW4 Kontakt Dr. Leif Christensen Forschungsbereich Robotics Innovation Center leif.christensen@dfki.de +49 421 178 45 4149

22 22 D D FF F K K I I N N ee e w w ss s 11 1 / / 2 2 0 0 22 2 22 2 IM GEMÜSEBEET In Marktgärten wachsen 30 bis 50 Sorten Gemüse auf einem halben Hektar. Die Anbauform zählt zur biointensiven Landwirtschaft. Sie ist ertragreich und bodenschonend. Stadtnah gelegen sind die Wege zu Abnehmerinnen und Abnehmern kurz. Die Bewirtschaftung erfordert komplexes Wissen über Pﬂanzen und Böden und ist Handarbeit. Der KI-Forscher Sebastian Pütz will den Einstieg in zukunftsweisende Ansätze der Landwirtschaft fördern. Er arbeitet in einem Gründungsprojekt an autonomen Robotern, mit denen Beete leichter zu überwachen und zu managen sein sollen. In Zeiten des wachsenden Bedarfs an Nahrung durch die größer werdende Weltbevölkerung, der sich zuspitzenden Klimakrise und des Konkurrenzdrucks in der Agrarbran- che sind Landwirtinnen und Landwirte gezwungen, ihre Arbeitsweisen neu zu denken und Möglichkeiten zu ﬁn- den, in diesem Spannungsfeld zu bestehen. Intelligente Technologien können Wirtschaftlichkeit und Ökologie in Einklang bringen. „Das Spannende in meinen Augen ist es nicht, mit KI-Algorithmen Bestehendes in der Landwirt- schaft stetig zu optimieren, sondern Dinge zu machen, die so vorher nicht möglich gewesen wären“, sagt Pütz vom Forschungsbereich Planbasierte Robotersteuerung des DFKI-Labors Niedersachsen. Innerhalb der nächsten zwei Jahre wird er mit vier DFKI-Kollegen die Softwarebausteine entwickeln, die nötig sind, damit Roboter eigenständig zwischen den verschie- denen Gemüsepﬂanzen, Bei- und Unkräutern navigieren und diese erfassen können. Roboter, die mit Kameras aus- gestattet sind, erstellen eine 3D-Pﬂanzenkarte, mit der Echtzeitdaten der Umgebung im Beet abgeglichen und aus den Informationen Handlungsempfehlungen für die Gärtne- Ein neuronales Netz kann Pﬂanzen pixelgenau erkennen. Der Roboter kann so zum Beispiel zwischen Salat und Unkraut unterscheiden. rinnen und Gärtner abgeleitet werden können. In das Produkt sollen Grundlagen von Pütz‘ Doktorarbeit ein- ﬂießen, Open-Source-Algorithmen für Roboter in un- ebenem Gelände, die bereits in Forschung und Praxis von Auckland bis Oxford genutzt werden. Das Startup-Projekt PlantMap wird seit Oktober 2021 mit rund 800.000 Euro vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) im Rahmen eines EXIST-Forschungstransfers gefördert. Das Unternehmen wurde im Januar 2022 an- gemeldet und soll Ende 2023 auf eigenen Beinen stehen. Der Blick richtet sich auf die sogenannten Marktgärten, die gerade auch in Deutschland entstehen. In modernen Marktgärten, orientiert an Pariser Stadtgärten des 19. Jahr- hunderts, wird auf Spritzmittel verzichtet, nicht einseitig bepﬂanzt und eine natürliche Bodenpﬂege berücksich- tigt. Von Wissen und Feinarbeit hängt das Ernteergebnis ab. Große Maschinen können nicht eingesetzt werden, um die Effizienz der Anbauform zu steigern. Es braucht ﬁligrane Geräte, die die kleinteilige Umgebung verste- hen, sich darin feinfühlig bewegen können und bei der Pﬂege der Pﬂanzen assistieren. Mit Robotik und KI kann das erreicht werden. Julian Plagemann von Grööntüügs (Plattdeutsch für Grün- zeug) ist Marktgärtner und der erste Anwender, den das Team als Projektpartner gewinnen konnte. Der studierte Agrarwissenschaftler hat von seinen Eltern einen ca. 10 Hektar großen Hof übernommen: „Ich habe nach Möglichkeiten gesucht, den Hof zukunftsfähig zu machen.

s g ü ü t n ö ö r G © 23 2 2 0 2 / 1 s w e N I K F D Eine von einem Roboter während der Fahrt farbig aufgenommene 3D-Punktwolke von Kopfsalat. Die Pﬂanzenpunktwolken werden zur Analyse der Pﬂanzen verwendet. Ein Marktgarten von Grööntüügs in Ibbenbüren, Nordrhein-Westfalen von oben. Das vielversprechende Prinzip des Marktgärtn erns soll mit KI-Anwendungen vorangebracht werden. Wir haben nicht unbegrenzt Fläche, um unsere Produktion zu erweitern. Ich vertreibe jetzt regionales und saisonales Gemüse direkt online. Die Rechnung geht wirtschaftlich auf. Durch Marktgärten kann theoretisch jede Stadt und jedes Dorf eigenes Gemüse haben“. Plagemann wird dem Gründerteam seine Beete für Testfahrten mit den Robotern zur Verfügung stellen und sein Fachwissen zum Aufbau ei- nes Expertensystems beisteuern. „Es geht beim Marktgärt- nern darum, die Wahrscheinlichkeit zu senken, dass etwas schiefgeht. Wenn die eigene Erfahrung wächst, schafft man günstigere Bedingungen im Beet. An High-Tech zu arbeiten, die dabei unterstützt, ist ein wichtiger Schritt, damit wir in der Branche in der Breite intelligent anbauen können.“ FORSCHER UND GRÜNDER Im Dezember 2021 verteidigte Sebastian Pütz erfolgreich seine Dissertation mit dem Titel „Navigation Control & Path Planning for Autonomous Mobile Robots“. Gutach- ter waren Prof. Dr. Joachim Hertzberg (Universität Osna- brück, DFKI) und Prof. Dr. Nick Hawes (Oxford Robotics Institute). Pütz studierte Informatik an der Universität Osnabrück und forschte während seiner Promotion an der University of Auckland, Neuseeland und der University of Oxford, UK. Er arbeitet als Forscher am DFKI in Osnabrück und ist Geschäftsführer des mit dem PlantMap-Projekt verbundenen, neuen Spin-offs Nature Robots. Pütz kann sich die Technologie seines Forschungsbereichs auch im Weinbau oder in Agroforsten vorstellen. Das werde sich in der kommenden Zeit zeigen. Start-ups aus Ländern wie den USA oder Frankreich würden sich derzeit vor allem auf die konventionelle Landwirtschaft fokussieren. Prof. Jo- achim Hertzberg, Leiter des DFKI-Labors Niedersachsen, hat das Anliegen von Anfang an unterstützt: „Man kann kein Unternehmen aus der Ferne gründen. KI-Lösungen müssen aus dem Anwendungsbereich heraus entstehen, für den sie gemacht werden. Hier in der AgriTech-Region um Osnabrück sind alle greifbar – Landtechnikhersteller, Agrarwissenschaftler:innen an den Hochschulen, Gärtne- reien und Landwirt:innen. Ich bin gespannt, wie sich das Team PlantMap das zu Nutze macht und wie es auf einem starken technologischen Fundament die richtigen Anwen- dungen baut.“ Weitere Informationen https://naturerobots.de Kontakt Dr. Sebastian Pütz Forschungsbereich Planbasierte Robotersteuerung sebastian.puetz@dfki.de +49 541 3860502262 Das fünfköpﬁge Projektteam am DFKI (von links): Lars Schilling, Gerrit Woeckner, Sebastian Pütz, Sven Lake, Malte Kleine Piening.

24 D F K I N e w s 1 / 2 0 2 2 k i p e e r F / m o c . l e x i p w a r © Künstliche Intelligenz soll Plastikmüll, den ein Spezialboot aus dem Mekong in Kambodscha aufsammelt, bereits an Bord und in Echtzeit bewerten. Die Infor- mationen helfen lokalen Stakeholdern und Behörden sowohl bei der Verwertung als auch bei der langfristigen Vermeidung von Plastikmüll. Kambodscha, eine der am stärksten von Plastikmüll be- troffenen Regionen, war das erste Land, in dem das DFKI im Jahr 2019 zusammen mit der Weltbank und der lokalen Regierung in den Städten Siem Reap und Sihanoukville ein Projekt auf den Weg brachte, um die Abfallwirtschaft zu verbessern. Örtliche Partner beﬂogen stark vermüllte Gewässer und ﬁlmten Tonnen von treibenden Bechern, Flaschen, Deckeln und Tüten. Die Bilddaten übermittelten sie an das DFKI-Labor Niedersachsen, wo diese mit Hilfe von künstlichen, neuronalen Netzen analysiert wurden und der Wissenschaftler Mattis Wolf einen Algorithmus für ein KI-Modell entwickelte, mit dem sich Menge und Art des Mülls bestimmen lassen. Die Auswertungen hal- fen den lokalen Behörden in Kambodscha einen Aktions- plan zu entwerfen, der die Müllmenge bis zum Jahr 2025 deutlich reduzieren soll. In diesen Wochen schließt sich in Südostasien der Kreis. In der kambodschanischen Hauptstadt Phnom Penh ist seit Ende März ein Müllsammelboot im Einsatz, das den Me- kong und seine Zuﬂüsse reinigen wird. Der Mekong zählt zu jenen zehn Flüssen, die weltweit den meisten Müll ins Meer befördern. Schätzungen zufolge gelangen jährlich rund zehn Millionen Tonnen Plastik in die Meere, das entspricht etwa einer Lkw-Ladung pro Minute. Das Müll- sammelboot in Kambodscha trägt den Namen Moringa by Landmarken und wurde von dem DFKI-Partner und Maschi- nenbauer Berky GmbH, einem mittelständischen Allroun- der rund um eine umweltschonende Gewässerpﬂege, im niedersächsischen Haren an der Ems gebaut. 50 Tage war es auf dem Seeweg unterwegs, bis es Ende März in Phnom Penh ankam. Die everwave GmbH, ebenfalls DFKI-Partner im Projekt, zeichnet für die aufwendige Clean-up Mission vor Ort verantwortlich. Rund zwei Tonnen Müll, schätzt everwave-Mitbegründer Clemens Feigl, werden lokale Partner mit dem Boot nun täglich einsammeln, und zwar langfristig, wenn es nach dem Willen von everwave geht und sich genügend Unterstützung ﬁndet: „Der Bedarf ist da und auch unser Wille, hier vor Ort zu bleiben.“ DER SCHUTZ DES MEERES Im Jahr 2015 haben die Vereinten Nationen in New York 17 globale Nachhaltigkeitsziele, die sogenannten Sus- tainable Development Goals, kurz SDGs, im Rahmen der Agenda 2030 beschlossen. Der Schutz von Leben unter Wasser ist als eines dieser Ziele explizit formuliert. Die Bundesregierung will bis zum Jahr 2025 alle Arten der Meeresverschmutzung und Nährstoffbelastung er- heblich eindämmen. Wissenschaftliche Erkenntnisse sollen vertieft, Forschungskapazitäten ausgebaut und Meerestechnologien weitergegeben werden. Anfang 2022 hat die Bundesregierung außerdem eine Mee- resoffensive gegen Umweltverschmutzung auf den Weg gebracht. Bei jeder Ausfahrt, die die Moringa unternimmt, fährt Künst- liche Intelligenz mit. Das DFKI bringt im Projekt AILHA - AI enhanced Litter Harvester, in dem das DFKI, Berky und everwave zusammenarbeiten, erstmals KI direkt auf ein Boot. Angesiedelt ist AILHA im Forschungsbereich Mari- Bei einem Probelauf im Testbecken der Berky GmbH bespre- chen Geschäftsführer Felix Knoll (links) und DFKI-Wissen- schaftler Oliver Zielinski letzte Details, bevor das Müllsammel- boot von Niedersachsen nach Kambodscha verschit wird.

e v a w r e v e © ne Perception am DFKI-Niedersachsen. Erklärtes Ziel ist es, Müll aus Gewässern der Welt zurückzugewinnen und die Rohstoffe der Kreislaufwirtschaft wieder zuzuführen, zum Beispiel durch Recyclingverfahren vor Ort. Auf der Moringa ist dazu eine Kamera oberhalb des För- derbandes installiert. Diese generiert, wie in anderen Projekten zuvor aus der Luft, nun Bilddaten des gesam- melten Mülls auf dem Wasser und sendet diese live auf einen Laptop ins Führerhaus. Dort werden die Daten mit Hilfe von KI in Echtzeit ausgewertet. „Auch hier nut- zen wir Methoden des Maschinellen Lernens“, erklärt DFKI-Wissenschaftler Wolf: „Das System lernt mit unse- rer Anleitung, Müll auf dem Förderband voneinander zu unterscheiden und Mengen zu bestimmen.“ Auf dem Bericht steht dann nicht nur Plastik oder Orga- nik, „sondern ganz genau, wie viele tausend Flaschen, Becher, Tüten, Metall oder was sonst noch hier herum- schwimmt, sich an Bord beﬁnden“, erläutert Clemens Feigl von everwave. Die Erkenntnisse helfen doppelt: Zum einen erhält der Abfallbetrieb vor Ort detaillier- te Zahlen über die Ladung, die er entweder entsorgen muss oder im besten Falle in den Kreislauf zurückführen kann. Zum anderen kann Aufklärung und Umweltbildung gezielt dort ansetzen, wo besonders viel Plastik anfällt, beispielsweise wenn auf einem Volksfest hunderttausende Einwegbecher genutzt und nicht richtig entsorgt werden. 25 2 2 0 2 / 1 s w e N I K F D Eine Kamera oberhalb des Förderbandes erfasst den gesamten Müll, den das Boot bei seiner Clean-up Mission aufnimmt. Die Bilddaten werden ins Führerhaus auf einen Laptop gesendet, wo sie mittels KI ausgewertet werden. „Das Meer und auch seine Widerstandskraft sind end- lich“, betont Professor Dr. Oliver Zielinski. Im DFKI- Labor Niedersachsen leitet der Meeresphysiker nicht nur den Forschungsbereich Marine Perception, sondern auch das 2020 von ihm gegründete Kompetenzzentrum „KI für Umwelt und Nachhaltigkeit“, DFKI4planet. Die glo- balen Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen sowie die in Deutschland kürzlich gestartete Meeresoffensive gegen Umweltverschmutzung spielen hier eine beson- ders große Rolle und Projekte wie AILHA sollen direkt darauf einzahlen.“ „Wenn man es schat, KI in der Zukunft mög- lichst eektiv für den Schutz von Umwelt und Klima einzusetzen, dann kann sie in der Tat ein Stück dazu beitragen, den Planeten zu retten.“ Prof. Dr. Oliver Zielinski, Forschungsbereichsleiter DFKI Niedersachsen Weitere Informationen www.dfki.de/dfki4planet www.berky.de www.everwave.de Kontakt Prof. Dr. Oliver Zielinski Forschungsbereichsleiter Marine Perception DFKI Niedersachsen Leiter DFKI4planet oliver.zielinski@dfki.de +49 441 99833 4710 Seit März ist das Sammelboot Moringa by Landmarken im Einsatz und sammelt Müll aus den Flüssen Mekong, Tonlé Sap und Bassac River in Phnom Penh. e v a w r e v e ©

26 D F K I N e w s 1 / 2 0 2 2 Der Informationsdienst Wissenschaft (idw) hat zusammen mit dem DFKI eine se- mantische Suchmaschine entwickelt, evaluiert und in das Angebot des idw integ- riert. Der neue Service steht allen idw-Nutzenden seit Januar 2022 zur Verfügung. Er empﬁehlt zu jeder Pressemitteilung ähnliche Dokumente, unterstützt darüber hinaus die idw-Expertenvermittlung für Journalistinnen und Journalisten. Das gemeinsame Projekt von idw und DFKI - Semantic Se- arch for Science Communication (3SC) - startete Ende 2019. Die entwickelte Suchmaschine erleichtert die Inhaltsent- deckung für die Nutzenden und unterstützt den idw bei der Inhaltsvernetzung. Anders als eine auf Schlüssel- wörtern basierende Suche berücksichtigt die semantische Suchmaschine den komplet- ten Inhalt der Dokumente. Konkret spürt das auf einem idw-domainspeziﬁschen Sprachmodell basierende System zu einer Pressemitteilung oder einer Ex- pertenanfrage passgenau thematisch relevante Pressemitteilungen auf. Das funktioniert sogar dann, wenn das ver- bindende Thema – zum Beispiel „Klima- wandel“ oder „Pandemie“ – in den Texten begrifflich nicht vorkommt. In einer ersten Anwendung zeigt der idw mit Hilfe der Such- maschine in der Detailansicht jeder Pressemitteilung auf idw-online.de die fünf inhaltlich am engsten verwandten idw-Pressemitteilungen an. Der Service hilft Journalisten und Journalistinnen konstruktiv bei der Recherche und er- muntert alle Nutzenden, sich intensiver mit dem ausge- wählten Thema zu befassen, um weitere wissenschaftliche Facetten und Einrichtungen kennenzulernen. Darüber hinaus setzt der idw den Prototypen über seine Expertenvermittlung für die Suche nach geeigneten Fach- leuten ein. Mit Hilfe dieses Tools ﬁnden Medienschaffende passende wissenschaftliche Kontakte in den idw-Mitglied- seinrichtungen. In die Anfrage gehen auch der Recher- chestand und die Erwartungen der Journalistinnen und Journalisten an die Ansprechperson ein. Zusätzlich greift die semantische Suchmaschine darauf zu, um in Echtzeit thematisch entsprechende idw-Pressemitteilungen als ergänzendes Recherchematerial anzubieten. Das System setzt die Generalized Semantics Retrieval En- gine (GSRE) der DFKI-Forschungsgruppe QAIE (Question Answering and Information Extraction) ein. GSRE identi- ﬁziert und bewertet die semantische Ähnlichkeit von Do- kumenten. Das System fungiert in der idw-Anwendung als Discovery-Tool. Es bietet für jede der ca. 420.000 Presse- mitteilungen, die seit 1995 über den idw veröffent- licht wurden, die semantisch ähnlichsten Do- kumentkandidaten an. Das Projekt wurde in Zusammenarbeit mit der Unternehmens- kommunikation des DFKI in Saarbrücken initiiert und gemanaged. Der Service unterstützt mehr als 1.000 Kommu- nikationsabteilungen wissenschaftli- cher Einrichtungen, über 9.000 Journa- listinnen und Journalisten und die 600.000 monatlichen Nutzenden des idw in ihrem Arbeits- und Recherchealltag. k i p e e r F / y t l a y o r o t o h P © Nach Freischaltung und Testung prüft der idw wei- tere Einsatzbereiche für die semantische Suchmaschine. Künftig sollen die über den idw angebotenen Pressemit- teilungen, Termine, Expertinnen und Experten, Bilder und Videos so noch gezielter miteinander vernetzt werden. Weitere Informationen https://idw-online.de https://expertenmakler.de Kontakt Prof. Dr. Günter Neumann Leiter Forschungsgruppe QAIE guenter.neumann@dfki.de +49 681 85775 5298 Reinhard Karger DFKI Unternehmenssprecher reinhard.karger@dfki.de +49 681 85775 5253

BARRIEREN ÜBERWINDEN BARRIEREN ÜBERWINDEN 27 2 2 0 2 / 1 s w e N I K F D Sprachbarrieren gehören zum Alltag vieler pädagogischer Einrichtungen und erschweren häuﬁg den Beziehungsauf- bau zwischen dem Fachpersonal und Eltern. Besonders in der frühkindlichen Bildung ist ein guter Austausch zwischen Eltern und Erziehenden elementar, um den individuellen Bedürfnissen von Kindern gerecht zu werden und diese in ihrer Entwicklung zu stärken. Im Oktober 2021 konnten Probanden erstmals einen ers- ten Demonstrator der App testen, der sowohl von Eltern als auch den Fachkräften als Bereicherung empfunden wurde. Die App zeichnet sich nicht nur durch einen hohen prakti- schen Nutzen aus, sondern auch durch eine einfache Bedie- nungsweise. Die Nutzeroberﬂäche wurde bewusst reduziert gestaltet, um eine intuitive Bedienung zu gewährleisten. © pch.vector/Freepik Nachfolgeprojekt angestrebt In einem Nachfolgeprojekt soll die App nun weiterentwi- ckelt und für den praktischen Einsatz vorbereitet werden. Vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine und der großen Anzahl geﬂüchteter Kinder im Kita-Alter wird auch die Erweiterung der Funktionalität um das Sprachenpaar Ukrainisch - Deutsch, bzw. Russisch - Deutsch geprüft. Kontakt Dr.-Ing. Stefan Schaer Forschungsbereich Kognitive Assistenzsysteme stefan.schaffer@dfki.de +49 30 23895 1820 © FRÖBEL Bildung und Erziehung gemeinnützige GmbH Das Projekt SpeechTrans4Kita hat zum Ziel, mithilfe einer App Sprachbarrieren zwischen pädagogischen Fachkräf- ten und Eltern abzubauen. Die App, entwickelt in einem gemeinsamen Projekt von DFKI und dem FRÖBEL e.V., soll zukünftig zunächst in den Einrichtungen von FRÖBEL zum Einsatz kommen. Herkömmliche Übersetzungsprogramme sind in ih- rer Technologie meist nicht ausgereift genug, um so- wohl pädagogische Fachbegriffe als auch die im Ki- ta-Alltag relevanten Sprachen adäquat zu übersetzen. Innovative Sprachtechnologie Um diesem Problem entgegenzuwirken, wird im Projekt SpeechTrans4Kita eine App entwickelt, die die Kommu- nikation zwischen Eltern und pädagogischen Fachkräften erleichtern soll. Die App liefert sowohl eine schriftliche als auch eine auditive Übersetzung zwischen der arabischen und der deutschen Sprache, sodass die Kommunikation schnell und unkompliziert ablaufen kann. Die Erweiterung für weitere Sprachen ist möglich. Mithilfe innovativer Sprachtechnologie und KI-Methoden wie maschinellem Lernen wird die App durch die stete Nut- zung zusätzlich trainiert und so optimal für die Nutzung in den frühkindlichen Bildungseinrichtungen zugeschnitten. Ein besonderes Augenmerk liegt auf dem Datenschutz. Da bei der Kommunikation zwischen Eltern und pädagogi- schen Fachkräften besonders sensible Daten ausgetauscht werden, werden alle Daten gemäß den DSGVO-Regularien verarbeitet und gespeichert.

28 D F K I N e w s 1 / 2 0 2 2 k i p e e r f , m o c . l e x i p w a r © INTENSIVSTATION Techniken der Künstlichen Intelligenz können auf der Intensivstation helfen, drohende Komplikationen der Patientinnen und Patienten vorherzusagen und das Klinikpersonal auf lebensbedrohliche Situationen hinzuweisen, so dass frühzeitig geholfen werden kann. Alltag auf der Intensivstation: Die Patientinnen und Pa- tienten sind von Geräten umgeben, die ihre Vitaldaten wie Blutdruck, Herzfrequenz, Sauerstoffsättigung und viele weitere Informationen erfassen. Das Ergebnis ist eine kaum überschaubare Anzahl von Anzeigen, Warn- signalen und Bildschirmen, die das Personal auf der In- tensivstation mit unzähligen Eindrücken fordern. Dabei lassen sich aus den vielen Daten wichtige Rückschlüsse auf die Gesundheit der Patientinnen und Patienten zie- hen, um frühzeitig eingreifen zu können, sollte sich ihr Zustand verschlechtern. Damit Pﬂegende sowie Ärztinnen und Ärzte sich mehr auf ihre Patientinnen und Patienten konzentrieren kön- nen, sollen Techniken der Künstlichen Intelligenz bei der Analyse dieser vielfältigen Daten unterstützen. So könnte Die Geräte am Krankenbett erheben vielfältige Vitaldaten – KI soll künftig bei der Analyse unterstützen und so das Personal entlasten. H b m G d r o N t i e h d n u s e G d n u b r e v s u a h n e k n a r K ©

H b m G d r o N t i e h d n u s e G d n u b r e v s u a h n e k n a r K © aus der Ableitung der laufend eintreffenden Patientenin- formationen eine Warnung generiert werden, die auf eine kritische Lage innerhalb der nächsten Stunden hinweist. Hier setzt das Projekt „RIDIMP“ (Risikoindikatoren für kardio- pulmonale Dekompensation auf Intensivstationen durch Monitoring von Vitalparametern) des Bremer Klinikver- bunds Gesundheit Nord und des DFKI-Forschungsbereichs Cyber-Physical Systems an. Um aus den unzähligen Daten auf der Intensivstation sinnvoll lernen zu können, müssen diese bewertet werden. Was genau ist eine kritische Lage, und wie beurteilen wir sie? Die Mediziner des zur Gesund- heit Nord gehörenden Klinikums Bremen-Mitte deﬁnie- ren dazu zwei numerische Scores, die sich aus vielen Ein- zelparametern (wie Sauerstoffsättigung, Beatmung, Puls oder Medikamentengaben) zusammensetzen und den Zu- stand des Kreislaufs beziehungsweise der Atmung anhand der Patientendaten auf einer Skala von 0 (unkritisch) bis 9 (höchst kritisch) bewerten. Diese Werte werden wieder- um verwendet, um vorliegende historische Patientenda- ten zu bewerten, und daraus mit Techniken des maschi- nellen Lernens eine Vorhersage für den Wert der Scores in der Zukunft und damit für die Wahrscheinlichkeit eines Zusammenbruchs (Dekompensation) von Kreislauf oder Atmung zu implementieren. So kann die im Projekt entwickelte Technik aus der Viel- zahl der erfassten Daten sehr präzise die Entwicklung der zwei Scores und damit die Gesundheit der Patienten in der Zukunft voraussagen. Es wird eine Fehlerklassiﬁkationsra- te von 95 Prozent erreicht. Damit könnte das medizinische Fachpersonal frühzeitig auf drohende Probleme hingewie- sen werden. Noch handelt es sich hier um Forschungs- ergebnisse. Die Methoden müssen im nächsten Schritt Das Personal auf der Intensivstation ist mit einer Vielzahl von Bildschirmen, Anzeigen und Warnsignalen konfrontiert. medizinisch evaluiert werden, bevor sie dann in die Struk- tur und Abläufe des Klinikums integriert werden und den Erkrankten zugutekommen können. Das Projekt RIDIMP ist Teil des Gesamtprojekts KI-SIGS, das sich dem Aufbau eines „KI-Space für intelligente Gesund- heitssysteme“ widmet. Hierfür kollaborieren norddeutsche KI-Institute in Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein mit medizintechnischen Unternehmen und Partnern der Universitätskliniken bei der Entwicklung und dem Aufbau einer KI-Plattform sowie in mehreren Teilprojekten. Ziel ist es, medizinische KI-Technologien besser und schneller zu entwickeln und zur Anwendung zu bringen. KI-SIGS wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) gefördert. Weitere Informationen www.ki-sigs.de Kontakt Prof. Dr. Christoph Lüth Forschungsbereich Cyber-Physical Systems christoph.lueth@dfki.de +49 421 218 59830 „Das Projekt zeigt, dass KI-Lösungen immer im Zusammenspiel zwischen Domä- nenexperten – hier Medizinern – und KI-Wissenschaftlern entwickelt werden, denn es braucht das vorhandene Domänenwissen, kombiniert mit der techni- schen Expertise unserer KI-Forschenden, um leistungsfähige Lösungen zu entwi- ckeln. Was mir beim Anwendungsgebiet der Medizin persönlich am besten ge- fällt ist, dass die Lösungen am Ende dann auch direkt dem Menschen helfen.“ Prof. Dr. Christoph Lüth, stellv. Leitung DFKI-Forschungsbereich Cyber-Physical Systems „Patienten auf der Intensivstation können sehr schnell in lebensbedrohliche Si- tuationen kommen, die in Verbindung mit dem Ausfall von Organsystemen ste- hen. Hier wird dann umgehendes Expertenhandeln zur Gegensteuerung erfor- derlich. KI-gestützte Systeme, die kritische Konstellationen frühzeitig erkennen, dienen der Verbesserung der Patientensicherheit. Die stetige Verbesserung der Behandlungsqualität und Sicherheit für die Patienten ist unser vorderstes Ziel.“ Dr. med. Karin Hochbaum, MBA, Leitung Unternehmensentwicklung/Medizinstrategie Krankenhausverbund Gesundheit Nord GmbH 29 2 2 0 2 / 1 s w e N I K F D d r o N t i e h d n u s e G / e s a H n i t s r e K ©

30 D F K I N e w s 1 / 2 0 2 2 Ministerpräsidentin Malu Dreyer besucht die DFKI-Außenstelle Trier „KI-Technologien bieten das Potential, Lösungen für die drängendsten gesellschaftli- chen Herausforderungen unserer Zeit zu liefern, sei es beim Thema Gesundheit, Umwelt oder im sozialen Bereich. Das Land Rheinland-Pfalz hat diese Bedeutung bereits vor rund 30 Jahren erkannt und unterstützt seitdem sowohl das DFKI selbst, als auch den Aufbau weiterer Strukturen.“ Malu Dreyer, Ministerpräsidentin Rheinland-Pfalz bei der Besichtigung der DFKI-Außenstelle an der Universität Trier am 28. März 2022 Angegliedert an den Forschungsbereich Smarte Da- ten & Wissensdienste des DFKI in Kaiserslautern forschen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Trier an der Schnittstelle von KI und Wirtschaftsinformatik. Das Team von Prof. Dr. Ralph Bergmann befasst sich im Themenfeld Erfahrungsbasierte Lernende Systeme unter anderem mit neuen Ansätzen zur intelligenten Prozess- überwachung und -steuerung in verschiedenen Anwen- dungsbereichen wie Medizin, Softwarerobotik, Krisenma- nagement und Produktion. Demonstriert wurde dies anhand des Modells einer Produktionsanlage, die mittels Künst- licher Intelligenz überwacht und ﬂexibel gesteuert wird. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler um Prof. Dr. Ingo Timm, Themenfeld Kognitive Sozialsimulation, präsentierten das Dashboard zur Pandemie-Simulation AScore und dessen Nachfolgeprojekt AKRIMA. Prof. Andreas Dengel, Ministerpräsidentin Malu Dreyer, Prof. Michael Jäckel, Prof. Ralph Bergmann und Prof. Ingo Timm. Simulationsbasiertes Pande- mie-Management für Kommunen – Projekt AScore erfolgreich abgeschlossen Konkret umgesetzt wurde das Projekt mit einem Manage- ment-Cockpit für kommunale Krisenstäbe, das Informationen zum Pandemieverlauf darstellt und mögliche Entwicklun- gen auf der Basis von Realdaten simuliert. Die Kombination von intelligentem Informationsmanagement und KI-ba- sierter Simulation wurde bereits während der Projektlauf- zeit in der Praxis eingesetzt: Im Sommer 2021 nutzte der Krisenstab der Stadt Kaiserslautern AScore, um die Auswir- kungen der Öffnung von Freizeiteinrichtungen im Hinblick auf die Corona-Pandemie besser beurteilen zu können. Mitglieder des Projektteams präsentieren das Pandemiemana- gement-Cockpit: Dr. Jan Ole Berndt, Benedikt Lüken-Winkels, Alexander Schewerda, Prof. Dr. Ingo J. Timm (v.l.n.r.). Über ein intuitiv bedienbares Dashboard führt AScore Daten aus verschiedenen Quellen zusammen und die angebundene Simulationssoftware ermöglicht es, die Auswirkung von konkreten Maßnahmenentscheidungen abzuschätzen. Ein Pandemic Pressure Score macht die Gesamtbelastung auf die Bevölkerung nachvollziehbar. Er ergänzt die bekannten Kennzahlen wie Inzidenz und Hospitalisierungsrate um nicht-medizinische Faktoren wie Insolvenzen oder Arbeitslosigkeit als wirtschaftliche und soziale Belastungen. Damit hebt sich das System deutlich von ähnlichen Diensten ab. Auf dem Abschlussworkshop im November 2021 stellten Projektleiter Prof. Dr. Ingo Timm und sein Team das Pan- demiemanagement-Cockpit dem Forschungskonsortium und – für ein Projekt ungewöhnlich – per Livestream der breiten Öffentlichkeit vor. Das Team des DFKI an der Uni- versität Trier wird sich in den kommenden Jahren Folge- projekten widmen, die auf AScore aufbauen. Weitere Informationen https://ascore.kl.dfki.de Kontakt Prof. Dr. Ingo Timm Leiter des Themenfeldes Kognitive Sozialsimulation Ingo.Timm@dfki.de +49 651 201 2859

Dr. Shoya Ishimaru auf erste Stiftungs-Professur des DFKI an der TU Kaisers- lautern berufen Japan ehrt Prof. Andreas Dengel mit hochrangigem Orden für Verdienste in der Künstlichen Intelligenz 31 2 2 0 2 / 1 s w e N I K F D Den Begriff prägte er selbst: Mit Psybernetics bezeichnet Ishimaru ein Forschungsgebiet, das eine Sensing-Feed- back-Schleife zwischen Menschen, Maschinen und Wissen entwickelt. Sein Ziel ist es, die mess- und kontrollierbare Domäne der Kybernetik nicht nur auf den Informations- raum und den physischen Raum auszudehnen, sondern auch auf den psychologischen Raum z. B. Emotionen, Af- fekte, Wissenszustände, indem Eye-Tracking und physio- logische Sensorik eingesetzt werden. Ishimarus Interes- se gilt seit langem der Entwicklung neuer Technologien zur Steigerung kognitiver Fähigkeiten des Menschen wie Lernen, Denken und Kommunizieren. Dem langjährigen Mitarbeiter des Forschungsbereichs Smarte Daten & Wissensdienste wurde 2019 mit seiner Promotion auch der Titel MITOU Super Creator vom japa- nischen Ministerium für Wirtschaft, Handel und Industrie verliehen, der nur an herausragende junge Forscher ver- geben wird. An der Technischen Universität Kaiserslautern (TUK) leitet der Juniorprofessor nun die interdisziplinäre Forschungsgruppe „Psybernetics Lab“ im Fachbereich Informatik TUK. Dem DFKI bleibt Ishimaru durch gemein- same Forschung im Immersive Quantiﬁed Living Lab - iQL verbunden. Weitere Informationen https://psyberlab.de Der japanische Generalkonsul Shinichi Asazuma hat Pro- fessor Dr. Andreas Dengel im Namen Seiner Majestät Kaiser Naruhito mit dem hochrangigen „Orden der aufgehenden Sonne am Halsband, goldene Strahlen“ geehrt. Der Orden wird wurde 1875 in verschiedenen Stufen ver- liehen und hat die Form ei- ner aufgehenden Sonne mit Strahlenbündeln als Symbol für die japanische Landesﬂag- ge „hi no maru“. Die feierliche Zeremonie fand am 13. April 2022 im japanischen Gene- ralkonsulat in Frankfurt a.M. statt. Mit der ältesten Aus- zeichnung Japans würdigt das Land Dengels herausragende Verdienste um den aka- demischen Austausch zwischen Japan und Deutschland auf dem Gebiet der Künstlichen Intelligenz sowie seinen Beitrag zur Förderung des Verständnisses beider Länder. Andreas Dengel ist Geschäftsführender Direktor sowie Leiter des Forschungsbereichs Smarte Daten & Wissensdienste am DFKI in Kaiserslautern, leitet an der Technischen Uni- versität Kaiserslautern den Lehrstuhl für Künstliche Intelli- genz und ist KI-Botschafter des Landes Rheinland-Pfalz. In Japan ist er ein gefragter Berater für Wissenschaft, Indust- rie und Politik. Er hat zahlreiche Kooperationen im Bereich der Künstlichen Intelligenz in Forschung und Industrie in- itiiert und setzt sich seit langem für die deutsch-japani- sche Kooperation bei der wirtschaftlichen Erschließung der Künstlichen Intelligenz ein. Dr. Shoya Ishimaru. Prof. Andreas Dengel und Generalkonsul Shinichi Asazuma.

32 K O M P A K T D F K I N e w s 1 / 2 0 2 2 DFKI auf der Woche der KI 2022 in Lübeck In der heutigen Welt begegnen wir KI auf unter- schiedlichsten Ebenen, denn KI ﬁndet schon jetzt in vielen Branchen Anwendung und entwickelt sich immer weiter, schafft neue Möglichkeiten und wirft gleichzeitig zahlreiche Fragestellungen auf. Was ist Künstliche Intelligenz? Was benötigt man dafür? Wie können kleinere und mittlere Unternehmen davon proﬁtieren? Warum macht es gerade jetzt Sinn, sich mit Künstlicher Intelligenz zu beschäftigen? Die Universität zu Lübeck, die Technische Hochschu- le Lübeck, die IHK zu Lübeck, das DFKI und der Hanse Innovation Campus Lübeck haben sich zusammen- geschlossen, um die Expertise im Bereich KI in der Hansestadt zu zeigen und Antworten auf die zahl- reichen Fragestellungen zu ﬁnden. Zu den Veranstaltungen unter dem Dach der Wo- che der KI laden wir Sie herzlich ein! Weitere Informationen: https://woche-der-ki.de 01.–04. November 2022 Prof. Dengel als Mitglied in den Exekutivausschuss des INDRC gewählt Das International Neurodegenerative Disorders Research Center (INDRC) ist das weltweit führende internationale gemeinnützige Forschungszentrum für die Alzheimer-Krankheit und andere neurode- generative Störungen. Seine Aufgabe besteht da- rin, biologische Ansätze mit Verfahren der Künst- lichen Intelligenz und Big Data zu kombinieren, um neue Behandlungsmethoden zu entwickeln. In seiner neuen Funktion als Mitglied im sechsköp- ﬁgen Exekutivausschuss hielt Dengel auf einem INDRC-Symposium am 10. März 2022 in Prag im Beisein der tschechischen Ministerin für Wissen- schaft, Forschung und Innovation, Helena Langšád- lová, einen Vortrag mit dem Titel „The Role of Data in Medicine“ und stellte die Arbeiten des DFKI in diesem Bereich vor. Diese Vernetzung stärkt die bereits laufenden Aktivitäten am DFKI auf dem Gebiet der humanmedizinischen Forschung und öffnet neue Wege zu Kooperationspartnern. Weitere Informationen: https://indrc.cz/executive-board t k a p m o K Team um Prof. Drechsler mit „10-Year Retrospective Most Inﬂuential Paper Award“ der ASP-DAC 2022 ausgezeichnet Quantencomputer gelten heute als Zukunftstechnologie und Game Changer par excellence. Forscher der Uni- versität Bremen und des DFKI-Forschungsbereichs Cyber-Physical Systems erkannten ihr enormes Potenzial bereits vor mehr als zehn Jahren, zu einem Zeitpunkt, als Quantencomputer nicht viel mehr als ein akademi- sches Gedankenspiel waren. In ihrem 2012 im Rahmen der 17th Asia and South Paciﬁc Design Automation Conference veröffentlichten Paper „Synthesis of Reversible Circuits with Minimal Lines for Large Functions“ stellen die Wissenschaftler Dr. Ma- thias Soeken, Prof. Dr. Robert Wille, Christoph Hilken, Dr. Nils Przigoda und Prof. Dr. Rolf Drechsler eine Methode zur automatischen Erzeugung reversibler Schaltungen vor, die als Basisbausteine für sogenannte Quantenprogramme dienen. Für diese vorausschauende Arbeit, mit der sie eine der Grundlagen für die heutige Entwicklung im Bereich Quantencomputing schufen, wurden sie im Ja- nuar 2022 auf der 27th Asia and South Paciﬁc Design Automation Conference (ASP-DAC 2022) mit dem „10-Year Retrospective Most In- ﬂuential Paper Award” ausgezeichnet. Weitere Informationen: https://aspdac2022.github.io Foto aus vergangenen Zeiten: QBIT hieß das Projektteam, aus dessen Reihen das wegwei- sende Paper hervorgegangen ist. Foto: AGRA / Universität Bremen

Prof. Drechsler zum „Distinguished Member“ der Association for Computing Machinery (ACM) ernannt Am 15. Dezember 2021 ist Prof. Dr. Rolf Drechsler, Leiter der AG Rechner- architektur an der Universität Bremen und Leiter des DFKI-Forschungsbe- reichs Cyber-Physical Systems, von der Association for Computing Machi- nery (ACM) zum Distinguished Member ernannt worden. Er wurde damit für seine herausragenden Leistungen auf dem Gebiet der Computerwis- senschaften sowie seine langjährige Mitgliedschaft in der ACM gewürdigt. Foto: Lisa Jungmann/Universität Bremen 33 T K A P M O K 2 2 0 2 / 1 s w e N I K F D M C A : o g o L © Um für diese Auszeichnung nominiert zu werden, müssen eine mindestens 15-jährige Berufserfahrung in diesem Bereich und fünf Jahre ACM-Mitgliedschaft in den vergangenen zehn Jahren vorgewiesen werden sowie eine bedeutende Leistung erbracht oder ein eminenter Einﬂuss im Bereich der Informatik, Computerwissenschaft oder Informationstechnologie aus- geübt worden sein. Darüber hinaus wird von einem Distinguished Member erwartet, dass es als Mentor und Vorbild fungiert, indem es technische Entwicklungen vorantreibt und einen über die Norm hinausgehenden Beitrag zum Fachgebiet leistet. Weitere Informationen: www.acm.org/media-center/2021/december/distinguished-members-2021 DAAD Postdoc-NeT-AI: Robotics Innovation Center präsentiert sich internationalem KI-Nachwuchs Die „Postdoctoral Networking Tour in Artiﬁcial Intelligence“ (Postdoc-NeT-AI) des Deutschen Akademischen Auslands- dienstes (DAAD) bietet herausragenden Nachwuchsfor- schenden aus aller Welt die Möglichkeit, sich mit füh- renden KI-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaft- lern aus Deutschland zu vernetzen. Das DFKI Robotics Inno- vation Center (RIC) nahm als Gastinstitution an der diesjäh- rigen Postdoc-NeT-AI mit dem Schwerpunkt KI und Robotik teil und präsentierte sich den Teilnehmenden im Rahmen der virtuellen Netzwerkwoche vom 7. bis 11. März 2022. Im Vorfeld wählten Forschende des RIC interessante Kandidatinnen und Kandidaten aus, die sie zu virtuellen Einzelgesprächen einluden. Darüber hinaus ermöglichte der DAAD den Teilnehmenden einwöchige Individualreisen, um Institutionen und einzel- ne Forschende zu besuchen. Kontakt: Dr. Sirko Straube, sirko.straube@dfki.de Zwei neue deutsch-französische Kooperationsprojekte gestartet Mit ENGAGE und R4Agri haben das DFKI und das franzö- sische Informatikinstitut Inria 2022 zwei neue Projekte im Rahmen ihrer strategischen Forschungs- und Innova- tionsagenda im Bereich Künstliche Intelligenz gestartet. Die wissenschaftlichen Einrichtungen haben am 22. Ja- nuar 2020, dem ersten Jahrestag des Aachener Vertrags, ein Memorandum of Understanding unterzeichnet. Dar- in verabreden sie, ihre Zusammenarbeit im Bereich der KI deutlich zu verstärken und ihre langjährige wissenschaft- liche Kooperation zu strukturieren und zu formalisieren. ENGAGE untersucht schwerpunktmäßig, wie HPC-Umge- bungen optimiert, effizient und im Verbund mit anderen Hardware-Umgebungen für KI eingesetzt werden können. In R4Agri entwickelt das Projektteam Grundlagen für KI-ba- sierte Empfehlungssysteme zur Entscheidungsunterstützung. Das exemplarische Einsatzgebiet für diese Grundlagenfor- schung ist die Agrarrobotik. Erkenntnisse daraus werden in parallel im DFKI laufende Transferprojekte zur Digitalisierung der Agrartechnik einﬂießen.

34 D F K I P R O F I L D F K I N e w s 1 / 2 0 2 2 Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz Das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz GmbH (DFKI) wurde 1988 als gemeinnützige Public Private Partnership (PPP) gegründet. Es unterhält Standorte in Kaiserslautern, Saarbrücken, Bremen, Labore in Berlin und Niedersachsen sowie Außenstellen in Lübeck und Trier. Das DFKI ist auf dem Gebiet innovativer Software- technologien auf der Basis von Methoden der Künstlichen Intelligenz die führende wirtschaftsnahe Forschungseinrichtung Deutschlands. Gründung 1988, Gemeinnützige GmbH (Public Private Partnership) Geschäftsführung Prof. Dr. Antonio Krüger Helmut Ditzer In 24 Forschungsbereichen, neun Kompetenzzentren und acht Living Labs werden ausgehend von anwendungsorientierter Grundlagen- forschung Produktfunktionen, Prototypen und patentfähige Lösun- gen im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie entwickelt. Die Finanzierung erfolgt über Zuwendungen öffentlicher Fördermittelgeber wie der Europäischen Union, des Bundesministe- riums für Bildung und Forschung (BMBF), des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), der Bundesländer und der Deut- schen Forschungsgemeinschaft (DFG) sowie durch Entwicklungsauf- träge aus der Industrie. Der Fortschritt öffentlich geförderter Projek- te wird zweimal jährlich durch ein internationales Expertengremium (Wissenschaftlicher Beirat) überprüft. Neben den Bundesländern Rheinland-Pfalz, Saarland und Bremen sind im DFKI-Aufsichtsrat zahlreiche namhafte deutsche und internationale Hochtechnologie-Unternehmen aus einem breiten Branchenspektrum vertreten. Das erfolgreiche DFKI-Modell einer gemeinnützigen Public Private Partnership gilt national und international als zukunftsweisen- de Struktur im Bereich der Spitzenforschung. Das DFKI engagiert sich in zahlreichen Gremien für den Wissen- schafts- und Technologiestandort Deutschland und genießt weit über Deutschland hinaus hohes Ansehen in der Ausbildung des wis- senschaftlichen Nachwuchses. Derzeit arbeiten etwa 850 hochqua- liﬁzierte Angestellte aus Wissenschaft und Verwaltung und rund 630 Studierende aus über 65 Nationen an über 400 Forschungsprojekten. Das DFKI dient als Karrieresprungbrett jungen Wissenschaftler*innen in Führungspositionen in der Industrie oder in die Selbstständigkeit durch Ausgründung von Unternehmen. Mehr als 160 Mitarbeiterinnen und Mitar- beiter wurden im Laufe der Jahre als Professorinnen und Professoren auf Lehrstühle an Universitäten und Hochschulen im In- und Ausland berufen. Weitere Informationen www.dfki.de Kontakt Reinhard Karger, M.A. Unternehmenssprecher Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz GmbH Saarland Informatics Campus D3 2, 66123 Saarbrücken reinhard.karger@dfki.de +49 681 85775 5253 Aufsichtsrat Dr.-Ing. Gabriël Clemens, VSE AG (Vorsitzender) Dr. Susanne Reichrath, Beauftragte des Minister- präsidenten des Saarlandes für Hochschulen, Wissenschaft und Technologie (Stellvertreterin) Gesellschafter Accenture, Airbus Group, Bilﬁnger SE, BMW AG, Cerence GmbH, CLAAS KGaA mbH, Daimler AG, Deutsche Börse AG, Deutsche Messe AG, Deutsche Telekom AG, Empolis Information Management GmbH, Fraunhofer Gesellschaft e.V., Google Inc., HARTING AG & Co. KG, Intel Corporation, John Deere GmbH & Co. KG, KIBG GmbH, Microsoft Deutsch- land GmbH, Münchener Rückver- sicherungs-Gesellschaft Aktien- gesellschaft in München, NVIDIA GmbH, RICOH Company Ltd., Robert Bosch GmbH, ROSEN Swiss AG, SAP SE, Sartorius Ventures GmbH, Schwarz-Gruppe,Software AG, Technische Universität Kaiserslautern, Universität Bremen, Universität des Saarlandes, Volkswagen AG, VSE AG, ZF Friedrichshafen AG Internationaler Wissen- schaftlicher Beirat Halbjährliche Evaluierung öffent- lich geförderter Projekte: Prof. Dr. Andreas Butz, Ludwig-Maximilians-Universität, München (Vorsitzender) Kennzahlen 2021 Finanzvolumen: ca. 76,3 Mio. Euro Hauptberuﬂiche Mitarbeiter: 850 Studentische Mitarbeiter: 630 Intelligente Lösungen für die Wissensgesellschaft Standort Bremen Prof. Dr. Rolf Drechsler Cyber-Physical Systems Prof. Dr. Dr. h.c. Frank Kirchner Robotics Innovation Center Oldenburg Bremen Osnabrück Außenstelle Lübeck Prof. Dr. Heinz Handels KI in der medizinischen Bildverarbeitung Prof. Dr. Alfred Mertins KI in der biomedizinischen Signalverarbeitung Prof. Dr. Ralf Möller Stochastische Relationale KI im Gesundheitswesen Lübeck Labor Niedersachsen Osnabrück Prof. Dr. Joachim Hertzberg Planbasierte Robotersteuerung Prof. Dr. Oliver Thomas Smart Enterprise Engineering Oldenburg Prof. Dr. Daniel Sonntag Interaktives Maschinelles Lernen Prof. Dr. Oliver Zielinski Marine Perception Kaiserslautern Saarbrücken Standort Saarbrücken Prof. Dr. Josef van Genabith Sprachtechnologie und Multilingualität Prof. Dr. Antonio Krüger Kognitive Assistenzsysteme Prof. Dr. Peter Loos Institut für Wirtschaftsinformatik Prof. Dr. Wolfgang Maaß Smart Service Engineering Prof. Dr. Philipp Slusallek Agenten und Simulierte Realität Berlin Labor Berlin Prof. Dr. Gesche Joost Interaktive Textilien Prof. Dr. Volker Markl Intelligente Analytik für Massendaten Prof. Dr. Sebastian Möller Speech and Language Technology Prof. Dr. Niels Pinkwart Educational Technology Lab Standort Kaiserslautern Prof. Dr. Prof. h.c. Andreas Dengel Smarte Daten & Wissensdienste Prof. Dr. Paul Lukowicz Eingebettete Intelligenz Prof. Dr. Martin Ruskowski Innovative Fabriksysteme Prof. Dr. Hans Schotten Intelligente Netze Prof. Dr. Didier Stricker Erweiterte Realität Prof. Dr. Sebastian Vollmer Data Science und ihre Anwendungen k k i i p p e e e r r FF ©©©© y y z e e ee e e e t t c c c c c e e e e e v v v / / / / s s s s t t t t r r r r a y r r a H © Living Labs Innovative Technologien in durchgängigen Anwendungs- szenarien testen, evaluieren und demonstrieren Advanced Driver Assistance Systems Living Lab, Bremen Ambient Assisted Living Lab, Immersive Quantiﬁed Learning Lab (IQL), Innovative Retail Lab, Robotics Exploration Lab, Smart City Living Lab, SmartFactory-KL, Smart Office Space Living Lab Kompetenzzentren Forschungsaktivitäten bündeln und koordinieren Ambient Assisted Living, Autonomes Fahren, Deep Learning, Emergency Response and Recovery Management, KI für Umwelt und Nachhaltigkeit, Semantisches Web, Sichere Systeme, Smart Agriculture Technologies, Wearable AI

KI FÜR DEN MENSCHEN Industrie 4.0, Digitale Zwillinge, Semantische Produktgedächtnisse • Smart Data – Intelli- gente Analytik für Massendaten • Wearable Computing und Interaktive Textilien • Deep Learning und Maschinelles Lernen • Wissensdienste und Dokumentanalyse • Softbots, Digitale Assistenten und Chatbots • Educational Technologies • Veriﬁkation und Evaluation sicherheitskritischer Anwendungen • Kognitive Sozialsimulation • Informationsextrakti- on und Intelligentes Webretrieval • Multi-Agentensysteme • Erfahrungsbasierte Lernende Systeme • Visual Computing und Augmented Vision • Mobile und kollaborative Roboter- systeme • Multimodale Benutzerschnittstellen und Autonome Systeme • Einkaufsassistenz und intelligente Logistik • Sichere kognitive Systeme und intelligente Sicherheitslösungen • Ambient Intelligence und Assisted Living • Fahrerassistenzsysteme und Autonomes Fahren • Cyber-Physische Systeme • Multilinguale Technologien und Sprachver- stehen • Geschäftsprozessmanagement und Smart Services • Affective Computing • KI in Medizin und Gesundheitswesen Standort Kaiserslautern Trippstadter Straße 122 D-67663 Kaiserslautern +49 631 20575 0 Standort Saarbrücken Saarland Informatics Campus D3 2 D-66123 Saarbrücken +49 681 85775 0 Standort Bremen Robert-Hooke-Straße 1 D-28359 Bremen +49 421 17845 0 Labor Berlin Alt-Moabit 91c D-10559 Berlin +49 30 23895 0 Labor Niedersachsen Berghoffstraße 11 D-49090 Osnabrück +49 541 386050 0 www.dfki.de info@dfki.de